Logo Info für Ärzte
  • Rechtliche Entscheidungen
  • Medizinrecht Praktisch
  • Newsletter
    Lig Logoaekooe Logo

    Veröffentlicht am: 18.09.2023 Rechtliche Entscheidungen Aktuelles

    Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht

    Kann der Verdacht einer Alkoholkrankheit die Durchbrechung der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht rechtfertigen?

    Die Kundgebung eines ärztlichen Befundes an die zuständige Führerscheinbehörde, um eine Verletzung Dritter als Verkehrsteilnehmer aufgrund der Fahruntauglichkeit des Klägers zu vermeiden, kann im Einzelfall gerechtfertigt sein.

     

    Ärzte unterliegen der Schweigepflicht

    Grundsätzlich sind Ärzte und ihre Hilfspersonen zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet. Unter „Geheimnisbegriff“ sind Tatsachen zu verstehen, die nur dem Geheimnisträger selbst oder einem beschränkten Personenkreis bekannt sind und bei denen ein Interesse besteht, diese Außenstehenden nicht bekannt zu machen.


    OGH vom 12.12.2002, 6 Ob 267/02m

    Der OGH hat es für zulässig erachtet, die Führerscheinbehörde zu informieren, wenn ein Patient bewusstlos und mit erheblichen Restalkohol in eine Krankenanstalt eingeliefert wird, die Ursache der anfallsartigen Bewusstlosigkeit nicht festgestellt werden kann und der Verdacht einer Alkoholkrankheit besteht. Weiters war im klagsgegenständlichen Fall von einer ernstzunehmenden Gefahr anderer Verkehrsteilnehmer aufgrund der Alkoholkrankheit des Patienten, welcher nebenberuflich als Rettungswagenfahrer tätig war, auszugehen, da sich dieser stets unkooperativ verhielt und eine weitere Abklärung verweigerte. Im vorliegenden Fall bestanden aus der Sicht der Ärzte schwerwiegende Hinweise auf eine krankheitsbedingte Bewusstseinsstörung, sei es in Form einer Anfallskrankheit oder des Alkoholismus. Nach Entlassung des Patienten gegen Revers übermittelte die Krankenanstalt den Befund an den Amtsarzt der örtlichen zuständigen Bezirkshauptmannschaft zur Überprüfung der Kfz-Tauglichkeit.


    Abwägung der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber den öffentlichen Interessen und höherwertigen Rechtsgüter

    Den behandelnden Ärzten ist jedoch kein rechtswidriges Verhalten vorzuwerfen, da diese nach § 54 Abs 2 Z 4 ÄrzteG von ihrer beruflichen Verschwiegenheitspflicht entbunden sind, wenn die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt zum Schutz höherwertiger Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege oder der Rechtspflege unbedingt erforderlich ist.

    Die ärztliche Verschwiegenheitspflicht schützt nicht nur die Privatsphäre des Patienten, sondern dient auch dem Schutz von Leib und Leben. Hinsichtlich der Beurteilung der erforderlichen Interessensabwägung muss auch die Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung für Leib und Leben berücksichtigt werden, da bei einer geringen Gefahr das Interesse an der Geheimhaltung überwiegt. Das Geheimhaltungsinteresse des Klägers ist deshalb schon nicht vorrangig, weil der Kläger durch seine Tätigkeit als Rettungsfahrer bereits ein höheres Risiko für die Beeinträchtigung des Lebens und der Gesundheit anderer verwirklicht.

    Nach gewissenhafter Interessenabwägung ist eine Mitteilung des Arztes im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege vertretbar und auch geboten. Voraussetzung für die Durchbrechung des Berufsgeheimnisses ist, dass die Durchbrechung der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht das einzige Mittel darstellt, um eine konkrete Gefahr abzuwenden. Zeigt sich der Patient kooperativ und lässt sich die vom Patienten für Dritte ausgehende Gefahr durch die Behandlung, beispielsweise durch Einnahme von Medikamenten oder Teilnahme an einer Therapie, beherrschen, ist eine Offenlegung unzulässig.

    Zurück

    LINZER INSTITUT FÜR GESUNDHEITSSYSTEM – FORSCHUNG (LIG)
    Dinghoferstraße 4
    4010 Linz, Oberösterreich
    Telefon: 0732 77 83 71
    ZVR – Zahl: 947345144

    • Ärztekammer für OÖ
    • Datenschutz
    • Impressum
    • Sitemap

    ©2025 LIG – Alle Rechte vorbehalten