Rechtliche Entscheidungen
Herausgabe der Patientendokumentation ohne Kostenersatz?
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Patienten ein Recht haben, eine erste Kopie ihrer Daten aus der Patientenakte kostenlos zu erhalten. Diese Informationen zu den Gesundheitsdaten umfassen beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde und Angaben zu den vorgenommenen Behandlungen oder Eingriffen.
Haftung des medizinischen Sachverständigen für unkorrektes Gutachten
Ein Spitalsbetreiber klagte einen medizinischen Sachverständigen erfolgreich auf Schadenersatz, zumal dieser in einem wegen eines ärztlichen Kunstfehlers geführten Vorverfahren ein falsches Gutachten erstellt hat. Diese unrichtige medizinische Bewertung war kausal für den Prozessverlust des Krankenhausbetreibers.
Unterlassungsklage eines Arztes gegen Patientin wegen krankhafter Liebe
Eine an einem therapieresistenten Liebeswahn leidende Patientin versuchte entgegen dem Willen des Arztes eine unablässige und intensive Kontaktaufnahme mit ihm, sowohl in seinem privaten als auch in seinem beruflichen Umfeld. Letztendlich blieb nichts anderes übrig, dagegen mit einer Unterlassungsklage vorzugehen.
Ärztliches Gutachten ohne Untersuchung
Ein zur Beurteilung des Risikos für eine konkrete Impfung ausgestelltes Gutachten setzt eine gewissenhafte Untersuchung voraus. Wird eine ärztliche Begutachtung ohne nachvollziehbare Begründung nicht durchgeführt, stellt dies, unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens, eine ärztliche Berufspflichtverletzung dar.
Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht
Kann der Verdacht einer Alkoholkrankheit die Durchbrechung der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht rechtfertigen?
Die Kundgebung eines ärztlichen Befundes an die zuständige Führerscheinbehörde, um eine Verletzung Dritter als Verkehrsteilnehmer aufgrund der Fahruntauglichkeit des Klägers zu vermeiden, kann im Einzelfall gerechtfertigt sein.
Keine Fristenhemmung bei eingesetzten Brustimplantaten
Schadenersatz nach dem Produkthaftungsgesetz aufgrund von eingesetzten Brustimplantaten ist nach Ablauf der absoluten Frist des § 13 Produkthaftungsgesetzes (PHG) nicht durchsetzbar. Die Fortlaufshemmung gemäß § 2 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz (1. COVID-19-JuBG) ist nicht auf die absolute Frist nach § 13 PHG anzuwenden.
Behandlungsfehler - Beginn der Verjährung?
Die dreijährige Verjährungsfrist von Ersatzansprüchen bei Kunstfehlern beginnt mit dem Zeitpunkt der Kenntnis von Schaden und Ersatzpflichtigen, sofern eine Klage mit Erfolgsaussicht erhoben werden kann. Vorausgesetzt ist jedoch, dass der gesamte anspruchsbegründete Sachverhalt bekannt ist.
Strafe wegen Vernachlässigung ärztlicher Weiterbildung
Ärzt:innen sind gesetzlich zum Nachweis verpflichtet, dass sie in ausreichendem Maße die erforderlichen Fortbildungen, welche eine elementare Berufspflicht darstellen, absolviert haben. Die objektive und sorgfaltswidrige Verletzung dieser Verpflichtung kann zu disziplinärer oder verwaltungsstrafrechtlicher Ahndung führen.
Beweislast für ordnungsgemäße Aufklärung liegt beim Arzt
Ist eine Klage auf einen Aufklärungsfehler gestützt, muss der Arzt beweisen, dass er umfassend aufgeklärt hat. Können daher die Gerichte nicht feststellen, ob ordnungsgemäß aufgeklärt wurde, geht dies zu Lasten des Arztes und die Haftung wird bejaht werden. Die Informationspflicht umfasst auch mögliche Nebenwirkungen eines Medikamentes.
Sturz beim Feuerwehrball
Verkehrssicherungspflichten gehen für die Dauer einer Veranstaltung nicht gänzlich über. Gegenständlich haftete die freiwillige Feuerwehr nicht für allfällige Gebäudeschäden oder eine schadhafte Stiege trotz der Vereinbarung, den Ball im Gemeindegebäude zu veranstalten.
Ordnungsgemäße Aufklärung vor Operation erfolgt
Bei nicht ordnungsgemäßer Aufklärung besteht die Gefahr einer Arzthaftung auch für so genannte typische Risiken, die selbst ohne Behandlungsfehler eintreten können. Keine Schadenersatzpflicht besteht allerdings dann, wenn der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt hätte. Im konkreten Fall wurde ohnehin korrekt aufgeklärt.
Ärztevorbehalt - Apotheken verstoßen mit Werbekampagne gegen UWG
Eine den Ärzten vorbehaltene Tätigkeit liegt nur dann nicht vor, wenn dafür keinerlei medizinisches Fachwissen erforderlich ist. Apotheker dürfen zwar über mögliche Wechselwirkungen der von Ärzten verschriebenen Medikamente beraten bzw. allfällige Wechselwirkungen dieser Medikamente prüfen, allerdings dürfen sie keine ärztlichen Tätigkeiten ausüben.
Das Klinisch-Praktische-Jahr ausländischer Medizinstudenten ist ein Berufspraktikum und bedarf daher keiner Beschäftigungsbewilligung iSd AuslBG
Im verfahrensgegenständlichen Fall verhängte die zuständige Bürgermeisterin über den Geschäftsführer eines Spitals eine Geldstrafe, weil diese einen Ausländer beschäftigt habe, ohne zuvor eine Beschäftigungsbewilligung einzuholen. Es handelte sich dabei um einen russischen Studenten, der an der Med Uni Graz studierte und in der besagten Krankenanstalt einen Teil des KPJ absolvierte.
Brustimplantate - Keine Deckungspflicht der privaten Krankenversicherung
Nach einer Brustvergrößerung und einer später eingetretenen Krebserkrankung und erfolgter Therapie wurde bei der Klägerin eine Kapselfibrose diagnostiziert und chirurgisch entfernt. Die Brustimplantate waren kausal für die Erkrankung und somit als sekundärer Risikoausschluss nicht von der Deckungspflicht der privaten Krankenversicherung umfasst.
Ablehnung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung einer COVID-19-Schutzimpfung
Oberster Gerichtshof trifft Interessensabwägung gemäß § 254 Abs 1 ABGB in Bezug auf COVID-19-Schutzimpfung. Gerichtlicher Erwachsenenvertreter beantragte die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einer COVID-19-Schutzimpfung, die die Betroffene verweigerte. Im gegenständlichen Verfahren wurde die Zustimmung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters zur Verabreichung einer COVID-19-Schutzimpfung samt der notwendigen Auffrischungen vom Senat des Obersten Gerichtshofes abgelehnt.
Übergabe der Patientenkartei nur an Kassenplan- oder Ordinationsstättennachfolger
Beendet ein Kassenvertragsarzt seine Tätigkeit ohne entsprechenden Nachfolger, ist der bisherige Ordinationsinhaber zur Aufbewahrung der Patientenkartei verpflichtet. Eine Weitergabe der Patientendaten an andere Ärzte als den Kassenplanstellen- oder den Ordinationsstättennachfolger ist datenschutzrechtlich nicht zulässig.
„Schockschäden“ im Rahmen von Schmerzengeld nach neuerer Rechtsprechung zugesprochen
Der Oberste Gerichtshof bejaht im Sinne einer Rechtsanalogie neben dem Anspruch auf Trauerschmerzengeld für den Verlust naher Angehöriger auch „Schockschäden“. Bei der Bemessung des Schmerzengeldanspruches sind die seelischen Schmerzen mit Krankheitswert erhöhend hinzuzurechnen. Im Gegensatz zum Trauerschaden steht der Schockschaden auch bei leichter Fahrlässigkeit zu.
Pensionsversicherungsanstalt entlässt Arzt
Trotz medizinischer Tätigkeiten des Arztes in seiner Privatordination während des Krankenstandes war die von der PVA ausgesprochene Entlassung mangels Vorliegens dafür ausreichender Gründe nicht gerechtfertigt. Fraglich war das Bestehen eines - wegen schlechter Gesamtbeurteilungen - erhöhten Kündigungsschutzes. Nun ist das Berufungsgericht erneut am Zug.
Einmalige Nachlässigkeit einer angestellten Ärztin stellt keinen Entlassungsgrund dar
Die angestellte Ärztin hatte in einer Notsituation die von einer DGKP vorbereitete Ampulle nicht kontrolliert und injizierte dem Patienten Noradrenalin anstelle von Adrenalin. Nachdem sie den Fehler bemerkte, leitete sie sofort und erfolgreich die Notfallbehandlung der Patientin ein.
Keine Strafbarkeit nach § 178 StGB bei unrichtigen Angaben im Rahmen des Contact Tracing
Beim sogenannten „Contact Tracing“ gab der Beschuldigte entgegen der tatsächlichen Gegebenheiten an, dass er mit haushaltsfremden Personen keinen Kontakt hatte. Fraglich war daher, ob er dadurch wegen vorsätzlicher Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten strafrechtlich zu verurteilen ist. Im konkreten Fall wurde dies verneint.
Spirale gebrochen – keine Haftung des Herstellers bei Geburt eines gesunden Kindes
Der OGH setzt seine bisherige Rechtsprechung fort, dass die Entbindung eines zwar unerwünschten, aber gesunden Kindes keinen ersatzfähigen Schaden im Rechtsinne darstellt. Im Rahmen der Produkthaftung sind reine Vermögenschäden zudem nicht ersatzfähig, sodass die Klagebegehren der Eltern von den Gerichten abgewiesen wurden.
Ärztin wurde die Löschung aus Bewertungsportal verwehrt
Eine Fachärztin musste die Bewertungen im Internet hinnehmen, zumal laut Einschätzung der Gerichte im Einklang mit der deutschen Rechtsprechung weder eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte noch des Datenschutzes vorlagen. Mangels aufdringlicher Werbung für andere Ärzte ging auch der begehrte Unterlassungsanspruch nach UWG ins Leere.
Planungsinstrumente des österreichischen Gesundheitswesens laut VfGH großteils verfassungskonform
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom Juni 2022 die Systematik der Gesundheitszielsteuerung mit zwei Ausnahmen für verfassungskonform erklärt. Diese zwei Bestimmungen des Gesundheitszielsteuerungsgesetzes wurden deswegen als verfassungswidrig aufgehoben, weil die erforderliche Zustimmung der Länder nicht eingeholt wurde.
Ärztin wegen Rede gegen Corona-Impfung entlassen
Das Dienstverhältnis einer Amtsärztin wurde aufgrund ihrer im Rahmen einer Demonstration gegen die Corona-Schutzimpfung bzw. -Maßnahmen öffentlich artikulierten Behauptungen wegen Vertrauensunwürdigkeit vorzeitig aufgelöst. Die Gerichte wiesen die von der Ärztin dagegen erhobenen Klagen ab und bestätigten somit ihre Entlassung.
Keine Amtshaftungsansprüche gegen den Bund aufgrund gesetzwidriger COVID-19 Maßnahmen im Frühjahr 2020
Die Klägerin konnte aufgrund der Einschränkungen in der COVID-19-Maßnahmenverordnung im Frühjahr 2020 ihr Unternehmen nicht betreiben. Die hier relevanten Verordnungsbestimmungen wurden im Nachhinein vom Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig aufgehoben, weil die Gründe für die getroffenen Maßnahmen nicht nachvollziehbar festgehalten wurden.
Verbot der ärztlichen Berufsausübung als Disziplinarstrafe
Ein Arzt beging durch seine unsachlichen Äußerungen in dem Sinne, dass Viren nicht krank machen würden und das Versagen der Immunologie mit einer verkehrten Lebensführung und Lebensanschauung zu tun hätten, ein Disziplinarvergehen. Ergebnis war, dass deswegen die ärztliche Berufsausübungsbefugnis befristet für 6 Monate untersagt wurde.
Keine Arzthaftung bei bloß unwesentlicher Diagnoseverzögerung
Der OGH (9Ob1/22w) sprach aus, dass keine Arzthaftung bei einer bloß unwesentlichen Diagnoseverzögerung – gegenständlich Verschlechterung der Heilungschance mit einer medizinischen Wahrscheinlichkeit von rund 5 % – eintritt. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes erfolgte im Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis in Arzthaftungsfällen.
VfGH – Kein Wahlrecht für pensionierte ÄrztInnen bei den Ärztekammerwahlen
Bei den Ärztekammer-Wahlen sind - so wie bei allen Kammern - nur die aktiven Mitglieder wahlberechtigt, weil es sich um Berufskammern handelt und daher auch nur aktive Berufsangehörige ordentliche Kammermitglieder sind.
Schriftliche Dokumentation des Sonographiebefundes oder Sonografiebild?
Im konkreten Anlassfall war die schriftliche Dokumentation des Sonografiebefundes entsprechend der gerichtlichen Feststellung ausreichend und das Unterlassen des Speicherns eines Sonografiebildes nicht haftungsbegründend. Zum Zeitpunkt der Untersuchung bestand kein Hinweis auf einen bösartigen Tumor.
Keine "gesonderte" Kostenerstattung für PCR-Test in Privatklinik
Vor der notwendigen Operation in einer Privatklinik zahlte der Kläger für den PCR-Test EUR 90,00. Der OGH entschied, dass dafür keine zusätzliche Kostenerstattung in der Privatklinik besteht. Der PCR-Test war daher im vom beklagten Krankenversicherungsträger bereits bezahlten Pauschalbetrag inkludiert.