Für und Wider der Apothekengesetznovelle 2006
Die Novellierung des Apothekengesetzes im Jahr 2006 hat für die hausapothekenführende Ärzteschaft eine Vielzahl von Neuerungen und Änderungen gebracht. Nachstehend soll vor allem die Thematik des Wechsels vom subsidiären zum dualen Arzneimittelversorgungssystem näher dargestellt werden.
Wechsel vom subsidiären zum dualen Arzneimittelversorgungssystem
Bis zur Novelle im Jahr 2006 wurde die ärztliche Hausapotheke gegenüber der öffentlichen Apotheke als eine subsidiäre Versorgungsinstitution, aufgefasst. Das bedeutete, dass die öffentliche Apotheke prinzipiell Vorrang gegenüber der ärztlichen Hausapotheke genoss. Durch die Novellierung des Apothekengesetzes 2006 (BGBl. I 41/2006) wurde das duale Arzneimittelversorgungssystem eingeführt, das bedeutet, dass die Arzneimittelversorgung in den Ballungsräumen durch öffentliche Apotheken und in den ländlichen Gebieten durch die Hausapotheken erfolgen soll. Der Vorrang der Hausapotheke in den ländlichen Gebieten wird durch den so genannten Grundsatz der Ein-Arzt-Gemeinde gemäß § 28 Abs. 2 Apothekengesetz untermauert, weil dieser eindeutig normiert, dass die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch eine ärztliche Hausapotheke zu erfolgen hat, wenn es sich um eine Gemeinde handelt, in der weniger als zwei Vertragsstellen oder nur eine Vertragsgruppenpraxis, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen entspricht, existieren. Dieser für die hausapothekenführenden Ärzte sehr erfreuliche Umstieg vom subsidiären zum dualen Arzneimittelversorgungssystem hat jedoch einen „Schönheitsfehler“ – den Wegfall der so genannten „Nachfolgeregelung“. Vor der besagten Novellierung sah das Apothekengesetz nämlich vor, dass einem Praxisnachfolger die Hausapothekenbewilligung zu erteilen ist, wenn die Entfernung zwischen dem Berufssitz des hausapothekenführenden Arztes und der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als vier und weniger als sechs Straßenkilometer beträgt. Nach der derzeit geltenden Gesetzeslage sieht das Apothekengesetz keine Erleichterung in Form einer 4-Straßenkilometer- Grenze zwischen der Hausapotheke und der Betriebsstätte der nächsten öffentlichen Apotheke mehr vor, was bedeutet, dass nunmehr auch der Praxisnachfolger eines hausapothekenführenden Arztes sechs Straßenkilometer von der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke entfernt sein muss, um eine Hausapothekenbewilligung zu bekommen. Durch diese Gesetzesänderungen können somit alle Hausapotheken, bei denen sich im Umkreis von sechs Straßenkilometern eine öffentliche Apotheke angesiedelt hat, nicht mehr nachbesetzt werden.
6-Kilometer-Grenze verfassungswidrig?
Im Rahmen des diesjährigen Gmundner Medizinrechtskongresses hat Herr Univ.-Prof. Mag. DDr. Michael Potacs sehr ausführlich dargestellt, dass diese 6-Kilometer-Grenze unter anderem aufgrund des Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig ist und daher vom Verfassungsgerichtshof aufzuheben wäre. Dieser Verstoß gegen den Gleichheitssatz begründet sich darin, weil diese 6-Straßenkilometer-Grenze bei den hausapothekenführenden Ärzten im Gegensatz zur 500-Meter-Grenze bei den öffentlichen Apotheken im Sinne des § 10 Apothekengesetzes ohne jede Ausnahme gilt. Die Ärztekammer für OÖ schließt sich inhaltlich dieser Expertenmeinung von Herrn Univ.-Prof. Mag. DDr. Michael Potacs ausdrücklich an. Eine Aufhebung dieser Regelung durch den Verfassungsgerichtshof erscheint aus dem eben Genannten aus unserer Sicht durchaus realistisch, dafür bedarf es allerdings eines konkreten Anlassfalls. Wir dürfen Sie daher ersuchen, wenn Sie als Praxisnachfolger vom Wegfall der „Nachfolgeregelung“ betroffen sind und Sie daher aufgrund der derzeit geltenden 6-Straßenkilometer-Grenze die Hausapothekenbewilligung im Gegensatz zu Ihrem Vorgänger nicht mehr bekommen, sich an die Ärztekammer für OÖ zu wenden. Unsere Intention zielt darauf ab, anhand eines konkreten Anlassfalles unter Gewährung des entsprechenden Rechtsschutzes durch die Ärztekammer für OÖ die 6-Straßenkilometer-Regelung bis zum Verfassungsgerichtshof zu bringen.
Mag. Christoph Voglmair, PLL.M.