Kündigung einer Ärztin wegen Erreichung des Pensionsalters rechtmäßig?
Dieser Artikel erläutert, ob Dienstgeber Frauen wegen Erreichung des Pensionsanfallsalters - derzeit mit Vollendung des 60. Lebensjahres- gegen deren Willen kündigen dürfen.
Unterschiedliches Pensionsalter bei Männern und Frauen
In Österreich dürfen männliche Versicherte derzeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Pension gehen, weibliche Versicherte hingegen bereits mit Erreichung des 60. Lebensjahres. Das Pensionsantrittsalter der Frauen wird schrittweise angehoben. Im Jahr 2033 erfolgt dann eine Gleichstellung dahingehend, dass ab diesem Zeitpunkt sowohl Männer als auch Frauen erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres einen Pensionsanspruch haben.
Eine bei einem Sozialversicherungsträger in leitender Position beschäfigte Ärztin klagte gegen die vom Dienstgeber wegen Erreichung des 60. Lebensjahres ausgesprochene Kündigung ihres Dienstverhältnisses. Die anzuwendende Dienstordnung B für Ärzte bei Sozialversicherungsträgern, die den Charakter eines Kollektivvertrags hat, sieht bei Erreichen des Regelpensionsalters eine Kündigungsmöglichkeit vor.
Der Oberste Gerichtshof befasste den Europäischen Gerichtshof mit dieser Angelegenheit.
Unter Berücksichtigung der vom Europäischen Gerichtshof getroffenen Entscheidungen, kam der OGH (9 ObA 124/10s) zu folgendem Ergebnis: Aufgrund des Geschlechts darf insbesondere bei Beendigung des Dienstverhältnisses niemand diskriminiert werden. Der Zusammenhang mit dem Geschlecht ist auch dann anzunehmen, wenn die Kündigung der Dienstnehmerin nur deswegen erfolgte, weil diese ein bestimmtes Alter erreicht hat. Der Umstand, dass nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag weibliche Arbeitnehmerinnen bereits im Alter von 60 Jahren “zwangspensioniert” werden dürfen und männliche Arbeitnehmer erst mit 65 Jahren, stellt eine benachteiligende Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar.
Zusammenfassung
Die von der Sozialversicherungsanstalt ausgesprochene Kündigung und damit die “zwangsweise” Versetzung der Chefärztin in den Ruhestand wegen Erreichen des 60. Lebensjahres ist eine unmittelbare Diskriminierung. Der Dienstgeber darf daher die entsprechende Bestimmung der Dienstordnung B, die eine Auflösung des Dienstverhältnisses vorsieht, nicht anwenden.