
Mag. Barbara Hauer, LL.M., MBA
Mag. iur. Barbara Hauer, LL.M., MBA ist Leiterin des Bereiches infofürärzte.at in der Ärztekammer für Oberösterreich sowie Herausgeberin des Buches „MedizinRecht praktisch“. Sie absolvierte berufsbegleitend ein Masterstudium, den Medizinrechtslehrgang an der Johannes Kepler Universität Linz und verfasste die Master-Thesis zur Thematik der kassenrechtlichen Schiedsverfahren. Seit 2013 ist sie ausgebildete Mediatorin für den Gesundheits- und Sozialbereich. Im Jahr 2018 erfolgte dann der Abschluss des postgradualen Studiums zum MBA in Health Care Management.
Behandlungsfehler - Beginn der Verjährung?
Die dreijährige Verjährungsfrist von Ersatzansprüchen bei Kunstfehlern beginnt mit dem Zeitpunkt der Kenntnis von Schaden und Ersatzpflichtigen, sofern eine Klage mit Erfolgsaussicht erhoben werden kann. Vorausgesetzt ist jedoch, dass der gesamte anspruchsbegründete Sachverhalt bekannt ist.
Strafe wegen Vernachlässigung ärztlicher Weiterbildung
Ärzt:innen sind gesetzlich zum Nachweis verpflichtet, dass sie in ausreichendem Maße die erforderlichen Fortbildungen, welche eine elementare Berufspflicht darstellen, absolviert haben. Die objektive und sorgfaltswidrige Verletzung dieser Verpflichtung kann zu disziplinärer oder verwaltungsstrafrechtlicher Ahndung führen.
Beweislast für ordnungsgemäße Aufklärung liegt beim Arzt
Ist eine Klage auf einen Aufklärungsfehler gestützt, muss der Arzt beweisen, dass er umfassend aufgeklärt hat. Können daher die Gerichte nicht feststellen, ob ordnungsgemäß aufgeklärt wurde, geht dies zu Lasten des Arztes und die Haftung wird bejaht werden. Die Informationspflicht umfasst auch mögliche Nebenwirkungen eines Medikamentes.
Ordnungsgemäße Aufklärung vor Operation erfolgt
Bei nicht ordnungsgemäßer Aufklärung besteht die Gefahr einer Arzthaftung auch für so genannte typische Risiken, die selbst ohne Behandlungsfehler eintreten können. Keine Schadenersatzpflicht besteht allerdings dann, wenn der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt hätte. Im konkreten Fall wurde ohnehin korrekt aufgeklärt.
Übergabe der Patientenkartei nur an Kassenplan- oder Ordinationsstättennachfolger
Beendet ein Kassenvertragsarzt seine Tätigkeit ohne entsprechenden Nachfolger, ist der bisherige Ordinationsinhaber zur Aufbewahrung der Patientenkartei verpflichtet. Eine Weitergabe der Patientendaten an andere Ärzte als den Kassenplanstellen- oder den Ordinationsstättennachfolger ist datenschutzrechtlich nicht zulässig.
Pensionsversicherungsanstalt entlässt Arzt
Trotz medizinischer Tätigkeiten des Arztes in seiner Privatordination während des Krankenstandes war die von der PVA ausgesprochene Entlassung mangels Vorliegens dafür ausreichender Gründe nicht gerechtfertigt. Fraglich war das Bestehen eines - wegen schlechter Gesamtbeurteilungen - erhöhten Kündigungsschutzes. Nun ist das Berufungsgericht erneut am Zug.
Spirale gebrochen – keine Haftung des Herstellers bei Geburt eines gesunden Kindes
Der OGH setzt seine bisherige Rechtsprechung fort, dass die Entbindung eines zwar unerwünschten, aber gesunden Kindes keinen ersatzfähigen Schaden im Rechtsinne darstellt. Im Rahmen der Produkthaftung sind reine Vermögenschäden zudem nicht ersatzfähig, sodass die Klagebegehren der Eltern von den Gerichten abgewiesen wurden.
Ärztin wurde die Löschung aus Bewertungsportal verwehrt
Eine Fachärztin musste die Bewertungen im Internet hinnehmen, zumal laut Einschätzung der Gerichte im Einklang mit der deutschen Rechtsprechung weder eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte noch des Datenschutzes vorlagen. Mangels aufdringlicher Werbung für andere Ärzte ging auch der begehrte Unterlassungsanspruch nach UWG ins Leere.
Ärztin wegen Rede gegen Corona-Impfung entlassen
Das Dienstverhältnis einer Amtsärztin wurde aufgrund ihrer im Rahmen einer Demonstration gegen die Corona-Schutzimpfung bzw. -Maßnahmen öffentlich artikulierten Behauptungen wegen Vertrauensunwürdigkeit vorzeitig aufgelöst. Die Gerichte wiesen die von der Ärztin dagegen erhobenen Klagen ab und bestätigten somit ihre Entlassung.
Verbot der ärztlichen Berufsausübung als Disziplinarstrafe
Ein Arzt beging durch seine unsachlichen Äußerungen in dem Sinne, dass Viren nicht krank machen würden und das Versagen der Immunologie mit einer verkehrten Lebensführung und Lebensanschauung zu tun hätten, ein Disziplinarvergehen. Ergebnis war, dass deswegen die ärztliche Berufsausübungsbefugnis befristet für 6 Monate untersagt wurde.
Schriftliche Dokumentation des Sonographiebefundes oder Sonografiebild?
Im konkreten Anlassfall war die schriftliche Dokumentation des Sonografiebefundes entsprechend der gerichtlichen Feststellung ausreichend und das Unterlassen des Speicherns eines Sonografiebildes nicht haftungsbegründend. Zum Zeitpunkt der Untersuchung bestand kein Hinweis auf einen bösartigen Tumor.
Arzttermin versäumt – Honoraranspruch?
Nehmen Patienten konkret und individuell vereinbarte Arzttermine unentschuldigt nicht wahr, kann der Arzt ein angemessenes Entgelt verlangen. Unter Umständen müssen jedoch bei der Honorarhöhe allfällige durch die nicht erfolgte Behandlung entstandene Ersparnisse oder absichtliche Erwerbsversäumnisse angerechnet werden.
Keine Haftung wegen behaupteter mangelnder Aufklärung über Medikament
Selbst bei Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung besteht eine Arzthaftung nur dann, wenn sich das Risiko verwirklicht hat, auf das der Arzt hätte hinweisen müssen. Im konkreten Fall hat das der werdenden Mutter verordnete Medikament die Schlaganfälle des Kindes nicht verursacht, weswegen eine Haftung mangels Kausalzusammenhangs verneint wurde.
Kinderbetreuungsgeld - keine Rückzahlung wegen Sondergebühren
Ein Arzt ließ die von der ÖGK gesetzte Frist zur Abgrenzung von Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit ungenützt verstreichen. Er konnte und durfte im Zuge des sozialgerichtlichen Verfahrens dennoch erfolgreich beweisen, dass die Sondergebühreneinnahmen nicht während des Bezuges des Kinderbetreuungsgeldes lukriert wurden.
Operation auf jeden Fall!
Gelingt dem Arzt der Beweis, dass sich der nicht ordentlich aufgeklärte Patient selbst bei rechtmäßiger Aufklärung hätte operieren lassen, entsteht für ihn selbst dann keine Haftung, wenn sich bei diesem Eingriff ein typisches Risiko tatsächlich verwirklicht.
Blinddarmdurchbruch nicht erkannt – keine Haftung
Die Klägerin war zweimal in der Notfallambulanz wegen bestehender Bauschmerzen vorstellig, sie wurde vorerst jedoch nicht stationär aufgenommen. Der Verlauf der zwei Tage später erst intraoperativ diagnostizierten Appendizitis war für die behandelnden Ärzte, welche lege artis handelten, nicht vorhersehbar, weswegen das Krankenhaus nicht haftete.
Keine Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht
Der beklagte Arzt informierte die Klägerin mündlich über mögliche Komplikationen des bevorstehenden Eingriffs sowie den Umstand, dass er „keine Garantie für den Erfolg der Operation abgeben könne“. Die schriftliche Aufklärungsdokumentation gab dies wieder, sodass die Aufklärung ordnungsgemäß erfolgte und die Klage abgewiesen wurde.
Haftung eines Gynäkologen und Radiologen wegen Mammakarzinoms
Ein Facharzt für Radiologie riet nach einer Mammographie noch zur Durchführung einer ergänzenden Mamma-MR. Weder er noch der behandelnde Gynäkologe klärten die betroffene Patientin über diesen Umstand auf, weswegen das Mammakarzinom zu spät erkannt wurde und die Patientin verstarb. Beide Fachärzte hafteten für dieses Fehlverhalten.
Sterbeverfügungsgesetz beschlossen
Eine Sterbeverfügung kann nur dann wirksam errichtet werden, wenn die sterbewillige Person volljährig und zweifelsfrei entscheidungsfähig ist und den Entschluss zur Selbsttötung frei und selbstbestimmt nach zweifacher ärztlicher Aufklärung schriftlich vor einem Notar oder einem rechtskundigen Mitarbeiter der Patientenvertretung fasst.
Haftung wegen Wechsels des zugesagten Operateurs
Bei einer zwischen Arzt und Patient bestehenden Vereinbarung, dass die Operation vom Oberarzt persönlich durchgeführt werde, liegt eine korrekte Einwilligung nur vor, wenn auch der Oberarzt selbst operiert. Eine Haftung wurde im konkreten Fall bejaht, zumal der Assistenzarzt die Operation - lediglich unter Aufsicht des Oberarztes - durchführte.
Kündigung wegen Nebenbeschäftigung während Elternteilzeit
Eine in Folge der Mutterschaft teilzeitbeschäftigte Ärztin informierte ihren Dienstgeber über die Ausübung einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit. Die vom Dienstgeber nach der Frist von acht Wochen ohne Zustimmung des Gerichts ausgesprochene Kündigung war unzulässig, sodass das Dienstverhältnis weiter aufrecht war.
Kündigung wegen Corona – Testverweigerung
Ein in einem Alten- und Pflegeheim beschäftigter Diplomkrankenpfleger wurde vom Dienstgeber wegen Verweigerung der wöchentlichen Testung auf SARS-CoV-2 nach Verständigung und Zustimmung des Betriebsrates gekündigt. Die Gerichte und letztlich auch der OGH gaben einer dagegen erhobenen Klage wegen eines verpönten Motivs nicht statt.
Verkehrssicherungspflicht bei Sturz aus Spitalsfenster
Ein Patient, der sich auf der neurologischen „Normalstation“ einer Universitätsklinik befand, stürzte aus dem Fenster, wobei keine Anhaltspunkte für eine Selbstmordgefährdung vorhanden waren. Laut OGH war im konkreten Fall dieser Vorfall nicht vorhersehbar, sodass keine Verkehrssicherungspflichten verletzt wurden.
Beweismaßreduktion auf überwiegende Wahrscheinlichkeit
Gelingt der Kausalitätsnachweis auch unter Anwendung der Beweiserleichterung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht, weil Vorschädigung und Kunstfehler gleich in Frage kommen, ist der Schaden gemäß §§ 1302, 1304 ABGB analog zu teilen. Geklärt wird somit das Verhältnis zwischen Beweiserleichterung und alternativer Verursachungskonkurrenz.
Anspruch auf Verabreichung eines bestimmten Medikamentes?
Eine an einer spinalen Muskelatrophie leidende 12-jährige Patientin hatte einen Anspruch auf Verabreichung eines bestimmten Medikamentes im Krankenhaus, welches das Arzneimittel bisher nur für Patienten unter 6 Jahren verabreichte. Für die Klägerin war diese Therapie die derzeit einzig anerkannte und fachärztlich indizierte Behandlungsmethode.
Unterbrechung der Versicherungspflicht wegen Krankheit?
Die Ausnahmen zur Pflichtversicherung nach FSVG sind gesetzlich abschließend geregelt, wobei die Nichtausübung der ärztlichen Tätigkeit bei der Ärztekammer anzuzeigen ist. Eine Unterbrechung der Berufsausübung wegen Arbeitsunfähigkeit befreit daher nicht ohne weiteres von der Versicherungspflicht.
Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht
Die Inhalte und damit der Maßstab der ärztlichen Aufklärung sind stets anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu prüfen. Sind primär konservative statt operative Behandlungsmethoden state oft the art, so ist diesbezüglich auch zu informieren ohne dass dadurch die Anforderungen an die ärztliche Aufklärungspflicht überspannt würden.
Kausalität bei Impfschaden
Eine Entschädigung nach dem Impfschadengesetz steht nicht nur im Falle eines tatsächlichen Kausalitätsbeweises, sondern auch schon bei Vorliegen einer Kausalitätswahrscheinlichkeit zu. Die Möglichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Impfung und Gesundheitsschädigung alleine reicht nicht aus, sondern muss zumindest eine „Wahrscheinlichkeit“ gegeben sein.
Disziplinarstrafe wegen fehlender Fortbildung
Ein Kassenarzt wurde wegen des fehlenden Nachweises seiner Fortbildungsverpflichtung zu einer Geldstrafe als disziplinäre Maßnahme verurteilt. Laut Verwaltungsgerichtshof setze die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Disziplinarerkenntnisses keine gesonderte Beschlussfassung der Disziplinarkommission voraus.
Strenger Maßstab bei ärztlichem Provisionsverbot
Ärzte unterliegen hinsichtlich der Vermittlung von Patienten einem strengen Verbot der Vorteilsannahme, wobei eine sachgerechte Empfehlung nicht per se unzulässig ist. Verboten ist es allerdings, wenn Mediziner für die Zuweisung von Patienten, wobei dieser Begriff nicht nur wörtlich zu interpretieren ist, eine Begünstigung erhalten oder sich versprechen lassen.