Bereitschaftsdienst – Arzthaftung verneint
Gehirnhautentzündung bei Kleinkind
Die Mutter eines ca. 8-Monate-alten Kleinkindes konsultierte telefonisch den Bereitschaft diensthabenden Arzt wegen hohen Fiebers und Teilnahmslosigkeit des Kindes. Der Arzt forderte die Mutter auf, ihn in der Ordination aufzusuchen. Die Kindesmutter war jedoch irrtümlich der Meinung, dass der Arzt einen Hausbesuch machen würde, weswegen es zu einer zeitlichen Verzögerung von ca. 1,5 Stunden kam, bevor die Rettung verständigt wurde. Beim Kläger wurde eine Gehirnhautentzündung durch Meningokokken festgestellt.
Ärztlicher Behandlungsvertrag
Der OGH (9 Ob 48/15x) hat die wichtigsten Grundsätze zum ärztlichen Behandlungsvertrag erneut wiederholt:
Der Arzt schuldet Diagnostik, Aufklärung und Beratung nach den Regeln der ärztlichen Kunst, gemessen am aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft. Eine fehlerhafte Behandlung liegt auch bei mangelnder Aufklärung vor, wobei letztere umso „ausführlicher und eindringlicher sein muss, je klarer für den Arzt die schädlichen Folgen des Unterbleibens sind“ und je dringlicher die Behandlung ist.
Verstoß gegen die Regeln der medizinischen Kunst?
Der Arzt wurde mit dem Vorwurf konfrontiert, dass er die Beschwerdesymptomatik zu wenig abgefragt hätte. Dies konnte jedoch entkräftet werden, zumal banale virale Infekte und eine Infektion mit Meningokokken gerade in der Anfangsphase nur schwierig zu differenzieren sind und zur Abgrenzung einer genauen ärztlichen Untersuchung bedürfen.
Bezüglich des Missverständnisses, ob der Arzt einen Hausbesuch macht oder die Mutter zum Ordinationsbesuch aufgefordert wurde, bestanden weder für das Berufungsgerichtnoch für den OGH aufgrund des Gesprächsverlaufs und der Erörterung der Ordinationsadresse durch den Arzt Anhaltspunkte, dass die Mutter dies falsch verstanden hatte.
Die Regelungen zur gesetzlich definierten Laiendelegation zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten kamen nicht zur Anwendung, zumal sonstige familien- und pflegschaftsrechtliche Maßnahmen ausdrücklich ausgenommen sind. Der OGH stellte noch klar, dass es sich beim Transport des Kleinkindes zum behandelnden Arzt um keinen ärztlich angeordneten Krankentransport, sondern um eine „Betreuungshandlung der Eltern im Rahmen der Pflicht zur Pflege und Erziehung des Kindes“, gehandelt hat, die in der Regel keiner ärztlichen Anleitung und Unterweisung bedarf.
Im Ergebnis wurde daher die Arzthaftung verneint.
Mag. iur. Barbara Hauer, PLL.M.