Verschwiegenheitspflicht-verletzung - Oberarzt entlassen
Mobbing durch Arzt?
Ein als geschäftsführender Oberarzt in einer Klinik tätiger Arzt wurde unverzüglich in die Ärztliche Direktion zitiert und im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs mit dem Vorwurf des Mobbings an seinen Mitarbeitern mit gesundheitlichen Auswirkungen konfrontiert. Der Arzt nahm das Gespräch mit einem iPod auf - ohne Information der anderen Beteiligten.
Dienstgeberkündigung
Der Dienstgeber sprach ungefähr eine Woche nach diesem Gespräch die Kündigung und damit die Beendigung des Dienstverhältnisses mit Wirksamkeit ca. 5 Monate später wegen des Mobbings aus, wobei der Oberarzt diese Kündigung gerichtlich bekämpfte.
Oberarzt verwendet sensible Patientendaten im Arbeitsrechtsverfahren
Der Arzt wehrte sich gegen diese Mobbingvorwürfe mit der Begründung, dass der tatsächliche Kündigungsgrund sein Aufzeigen bestehender Missstände in der Patientenversorgung sowie Behandlungsfehler seien. Seinen Standpunkt untermauerte er mit vier konkreten Sachverhalten unter Anführung der Patientendaten, wie Namen, Geburtsdatum, Behandlungsdaten und der Darstellung der medizinischen Zusammenhänge. Der gegnerische Anwalt des beklagten Rechtsträgers sah in diesem Schriftsatz, von dem der klagende Oberarzt persönlich Kenntnis hatte, mehrere Verletzungen der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht.
Auch in der darauffolgenden Tagsatzung belehrte der vorsitzende Richter den Kläger, dass der Schriftsatz nicht mündlich vorzubringen sei und die Kündigungsgründe auch später präzisiert werden können. Entgegen dieser Empfehlung trug der Klagsvertreter nach Rücksprache mit seinem Mandanten den Schriftsatz vor. Es lag weder eine Entbindung von der ärztlichen Verschwiegenheit vor noch wurde ein Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit gestellt.
Entlassung wegen Verletzung der ärztlichen Verschwiegenheit
Der Dienstgeber sprach daraufhin noch am selben Tag die Entlassung des Oberarztes aus.
Entlassung rechtmäßig?
Laut Tiroler Landesbedienstetengesetz liegt ein wichtiger Grund zur Entlassung dann vor, „wenn der Vertragsbedienstete sich einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflichten oder einer Handlung oder einer Unterlassung schuldig gemacht hat, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers als unwürdig erscheinen lässt“.
Das Ärztegesetz sieht eine Verschwiegenheitspflicht des Arztes über alle in Ausübung des Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse vor, ausgenommen dies ist zum Schutz höherwertiger Interessen, was im Einzelfall zu beurteilen ist, unbedingt erforderlich. „In eigener Sache“ dürfen Berufsgeheimnisse nur im unbedingt notwendigen Ausmaß preisgegeben werden.
Weiterbeschäftigung nicht zumutbar
Das Berufungsgericht (OGH 9 ObA 118/17v) ging davon aus, dass eine Offenbarung der personenbezogenen Patientendaten nicht unbedingt notwendig war. Beispielsweise hätte diese anonymisiert werden können, indem die Namen geschwärzt werden. Auch das heimliche Aufzeichnen eines (Mitarbeiter-) Gespräches würde schon einen Entlassungsgrund darstellen können. Nach ständiger Rechtsprechung sei bei leitenden Angestellten ein stengerer Maßstab geboten.
Aufgrund der Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des Oberarztes innerhalb eines längeren Zeitraumes war daher die Entlassung gerechtfertigt.
Mag. iur. Barbara Hauer, LL.M.