Werben ohne Grenzen? Sind Werbebeschränkungen ein Relikt oder in der modernen Social Media Welt umso wichtiger?
Ziel der standesrechtlichen Werbebeschränkungen ist es, vor allem die Sachinformation des Patienten in den Vordergrund zu stellen und auch die freie Arztwahl sicherzustellen. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen, insbesondere Handelsbetrieben, soll die Arztwahl nicht durch den Auffälligkeitswert plakativer Werbung bestimmt werden. Ähnliche Bestimmungen finden sich in Vorschriften von anderen freien Berufen wieder.Wir haben Ihnen daher versucht, die wichtigsten Bestimmungen und Fragen, die an uns herangetragen werden, zusammenzufassen.
Rechtsgrundlagen der Werbebeschränkungen
- Ärztegesetz 1998
- Verordnung der österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014) - meist „Werberichtlinie“ genannt
- Ärztlicher Verhaltenskodex 2014 - Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über den ärztlichen Verhaltenskodex
- Weitere relevante Gesetze in diesem Zusammenhang: Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), Telekommunikationsgesetz (TKG), Konsumentenschutzgesetz (KSchG)
Vorwiegend treffen uns in der Ärztekammer für Oberösterreich als Interessensvertretung Anfragen bezüglich der Erlaubnistatbestände aufgrund der Verordnung „Arzt und Öffentlichkeit“, die aufgrund der Verordnungsermächtigung § 53 Abs 4 ÄrzteG erlassen wurde. Je nach Konstellation können natürlich auch Berührungen mit anderen Rechtsbereichen vorliegen.
FAQs/Fragen
- Ist es mir als Arzt erlaubt, Werbungen in Zeitschriften oder Webauftritten zu tätigen?
Grundsätzlich dürfen Ärzte Einschaltungen in Zeitschriften oder eigene Internetauftritte unterhalten, jedoch müssen die allgemeinen Ordnungsvorschriften, insbesondere die Werbebeschränkungen iSd § 53 Abs 1 ÄrzteG und der „Werberichtlinie“ (VO Arzt und Öffentlichkeit) beachtet werden. Als Grundsatz gilt Information statt Werbung. Dies scheint oftmals als Abgrenzung dennoch sehr schwierig. Wichtig ist, dass die Informationen sachlich, wahr und nicht standeswidrig sein dürfen. Dies ist anhand des Einzelfalles und in der Gesamtschau zu betrachten. Die rechtliche Prüfung ist stets aus Sicht des Patienten vorzunehmen und somit zu beurteilen, ob Sachinformationen vorliegen zu eigenen Leistungen oder durch mediale Darstellungen der Patient besonders plakativ auf einen bestimmten Arzt aufmerksam gemacht wird.
- Was bedeutet Selbstanpreisung der eigenen Person oder aufdringliche bzw. marktschreierische Darstellung im Rahmen von Werbung?
Dieser Tatbestand ist in der Praxis einer der wichtigsten Fälle und gleichzeitig selbstverständlich der schwierigste Bereich in der Rechtsberatung, um diesen abstrakt darzustellen. Die Verbotsnormen des unlauteren Wettbewerbes sind sogar enger gefasst als die berufsrechtlichen Wertungen. Ärzten ist generell eine Art von Werbung untersagt, wonach das Standesansehen von Ärzten gefährdet erscheint. Die Intention war, Patienten nicht durch Übertreibungen und überzogene Darstellungen auf eine bestimmte Ordination aufmerksam zu machen. Auch hier ist das Prinzip von sachlicher Information für den Patienten wichtig, jedoch sollen keine Verfälschungen des Berufsbildes oder nicht überprüfbare Aussagen getroffen werden, die unrichtige Vorstellungen oder Erwartungen entstehen lassen. Der wirtschaftliche Konkurrenzdruck soll unter Ärzten nicht vorkommen. Werbung ist insbesondere marktschreierisch, wenn ein unsachlicher Druck zur raschen Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen ausgeübt wurde.
Als marktschreierisch wurde von der Judikatur qualifiziert: ein Facharzt für Plastische Chirurgie wies auf seiner Homepage auf die Zusammenarbeit mit den renommiertesten Schönheitschirurgen der amerikanischen Filmstars hin.
Ein marktschreierischer Charakter kann sich aber nicht nur aus dem Inhalt, sondern auch aus der Form der Darstellung ergeben.
- Ist es zulässig im Internet oder in Zeitschriften von Behandlungsmethoden zu berichten. Ist dies in Übereinstimmung mit den berufsrechtlichen Vorschriften?
Sein Angebot an ärztlichen Leistungen anzuführen, ist grundsätzlich eine wahre und sachliche Information. Die Darstellung einer wahrheitswidrigen medizinischen Exklusivität hingegen ist als standeswidrig einzustufen und verstößt somit gegen die angeführten Rechtsgrundlagen. Es muss nicht einmal ausdrücklich auf die Einzigartigkeit hingewiesen werden; vielmehr reicht es sogar schon aus, wenn beim Publikum implizit der Eindruck einer medizinischen Exklusivität entsteht. Eine Entscheidung aus der Judikatur war beispielsweise eine Verurteilung eines Arztes, der behauptet hat, er setze als einziger in Österreich „Vasculight“ gegen Besenreiser ein oder er hätte die Methode der Liposkulptur erfunden, obwohl dies schon angewandt wird.
- Ich möchte Fotos meiner Patienten veröffentlichen. Ist das erlaubt?
Wir empfehlen mit sogenannten „Sympathiefotos“ äußerst sorgsam umzugehen. Es spricht zwar per se nichts dagegen, Patientenfotos zu verwenden, aber auch hier kommt es auf das Foto an sich an. In der Werberichtlinie ist ausdrücklich normiert, dass jedenfalls dafür die erklärte Zustimmung des Patienten vorliegen muss. Seit der Datenschutzgrundverordnung ist dies ohnehin mittlerweile aufgrund dieser Rechtsgrundlage einzuhalten. Darüber hinaus ist eben eine sachliche und nicht marktschreierische Darstellung notwendig, um keinen Verstoß zu riskieren. Eine Testimonialwerbung mit bekannten Persönlichkeiten scheint bedenklich, da der Patient die Arzt-Entscheidung von der Affinität einer Person und nicht von medizinischen oder sachlichen Aspekten abhängig macht. Letztendlich darf bei der Verwendung von Bildern kein falscher Eindruck erweckt werden; z.B.: eine Idealfigur zu erreichen.
- Andere Firmen oder Dritte unterliegen nicht dem Standesrecht oder habe ich hier auch etwas zu beachten?
Primär sind die berufsrechtlichen Bestimmungen an Ärzte selbst gerichtet. Die Richtlinie hat aber auch auf dritte Personen Bezug genommen. Der Arzt ist nicht nur selbst verpflichtet, sich standeswidrigen Informationen zu enthalten, sondern muss er vielmehr auch in zumutbarer Weise dafür sorgen, dass standeswidrige Informationen durch Dritte, insbesondere durch Medien, unterbleiben. Dadurch bleibt ein Arzt standesrechtlich verantwortlich; selbst wenn er einen Werbedienstleister oder Webdesigner beauftragt. Zumutbar ist es daher, dass der Arzt beispielsweise Zeitungsberichte, Onlineaktivitäten vor Veröffentlichung vorab auf Konformität mit dem Standesrecht zu prüfen hat oder bei Interviews vorab die Fragestellungen klärt.
- Sind Gästebuch und Erfahrungsberichte von Patienten davon auch umfasst?
Ja, denn wenn der Arzt diese selber betreibt oder Zugriff darauf hat, ist er aufgrund seiner standesrechtlichen Verpflichtung veranlasst, die Inhalte auf Konformität zu prüfen. Sogenannte „Lobeshymnen“ oder Anpreisungen sind vom Arzt zu verhindern. Hingegen hat der Arzt bei Rezensionen von Plattformen im Internet keine Handhabe, ist er natürlich nicht verantwortlich.
- Inwieweit dürfen Ärzte generell in Social Media auftreten?
Bislang hat sich weder die Rechtsprechung noch Literatur mit dieser Frage befasst, obgleich Internetauftritte bereits von vielen Ärzten und Ärztinnen in Anspruch genommen werden. Die Normen gelten wie eingangs ausgeführt auch für Internetauftritte, sodass sehr restriktiv damit umgegangen werden sollte. Fraglich ist, inwieweit hier eine Standeswidrigkeit, also die Beeinträchtigung für das Ansehen der Ärzteschaft vorliegt. Die Standespflichten werden grundsätzlich sehr streng ausgelegt. Andererseits ist es selbstverständlich als moderner Ansatz wichtig, Informationen für die Patienten zugänglich zu machen. In der Öffentlichkeit auf die Gesundheitsleistungen hinzuweisen, ist sicherlich ein wichtiger Faktor. Hingegen wird vor allem auch jeder Arzt individuell darauf Bedacht nehmen müssen, dass es sich dabei um sachliche und wahre Informationen handeln muss. Der Social Media Auftritt darf daher in der Gesamtschau nicht zu aufdringlich oder reklamehaft sein. Mangels Judikatur wird sich eine konkrete Beurteilung erst in der Zukunft weisen.
- Ich möchte meine Patienten mit Newsletter bzw. E-Mail-Werbung kontaktieren. Ist das möglich?
Bis 1999 war das Kontaktieren von Patienten mittels E-Mail gänzlich verboten. Seit der Richtlinie 2003 ist jedoch das Übersenden von E-Mails oder Postwurfsendungen per se nicht mehr standeswidrig. Wichtig ist hier das Telekommunikationsgesetz 2021 zu beachten, wonach elektronische Zusendungen nur mittels Zustimmung erfolgen dürfen. Ausdrücklich zulässig ist jedoch nach der Richtlinie die Einladung bestehender Patienten - unter Beachtung der Normen der Datenschutzgrundverordnung und des Telekommunikationsgesetzes - zu Vorsorge- oder Kontrolluntersuchungen, Impfungen und dergleichen (Recall-System). Eine Verbreitung hingegen an potenzielle Patienten wird nicht zulässig sein.
- Welche Sanktionen drohen bei Verstößen?
Neben dem UWG werden Verstöße gemäß § 136 ff ÄrzteG jedenfalls disziplinarrechtlich geahndet. Als mögliches Szenario ist ein schriftlicher Verweis möglich, eine Geldstrafe bis € 36.340,-, bei schwerwiegenderen Verstößen eine befristete Berufsuntersagung oder die gänzliche Streichung aus der Ärzteliste. Letztendlich könnte eine Verwaltungsstrafe gemäß § 199 ÄrzteG in Höhe bis zu € 2.180,- verhängt werden.
Mag. Tanja Müller-Poulakos, LL.M.