3.3. Pensionsversicherung

Hinsichtlich der Pensionsversicherung hat der Gesetzgeber mit dem Ziel, ein einheitliches Pensionssystem für alle Berufstätigen zu schaffen, 2004 das Pensionsharmonierungsgesetz erlassen. Hierauf basiert das nunmehrige APG, welches einheitliche Regelungen zu Pensionsfragen enthält. Hierdurch wurde für jeden Versicherten ein leistungsorientiertes Pensionskonto eingerichtet, um soziale Härten zu vermeiden, jedoch existieren gleichzeitig zahlreiche Übergangsbestimmungen. Für Versicherte, die vor dem 01.01.1955 geboren wurden, gelten als Rechtsgrundlage für die Pensionsversicherung als so genannte Altpensionen noch weitestgehend das ASVG (angestellte Ärzte) bzw. das GSVG (freiberuflich tätige Ärzte). Wenn ein Arzt im Laufe seiner beruflichen Tätigkeit sowohl angestellte als auch niedergelassene Tätigkeiten ausgeübt hat, ist grundsätzlich jener Sozialversicherungsträger zuständig, bei dem der Antragsteller innerhalb der letzten 15 Jahre vor der Pensionierung die meisten Versicherungsmonate erreicht hat.

Die Pensionsversicherung erfasst verschiedene Versicherungsfälle: Jenen der Erreichung einer Altersgrenze (Alterspension), der geminderten Arbeitsfähigkeit (Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitspension) und jenen des Todes des Versicherten (Hinterbliebenenpension). Neben Leistungen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung erhalten Ärzte, die während ihrer beruflichen Tätigkeit Wohlfahrtskassenbeiträge entrichtet haben, überdies eine Pension aus dem Wohlfahrtsfonds.

 

Voraussetzung für den Anspruch auf eine Pension ist zum einen der Eintritt des Versicherungsfalls (also das Erreichen einer Altersgrenze bzw. Eintritt von Invalidität) und zum anderen die vorherige Erfüllung einer Wartezeit. Durch den oben erwähnten Übergang in das System des Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG) muss bei der Erläuterung des Pensionsanspruches zwischen Versicherten, die vor dem 01.01.1955 und solchen, die nach diesem Stichtag geboren sind, unterschieden werden.

 

Versicherungszeiten werden aufgeteilt in Beitrags- und Ersatzzeiten. Während zu den Beitragszeiten solche Zeiten zählen, in denen der Versicherte einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgeht oder sich freiwillig selbst oder weiterversichert, versteht man unter den so genannten Ersatzzeiten solche Zeiten, in welchen keiner versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen wird. Dazu zählen Zeiten der Schul- bzw. Universitätsausbildung nach Vollendung des 15. Lebensjahres,
Präsenz-/bzw. Zivildienst, Wochengeldbezug, Kindererziehungszeiten (pro Kind maximal 48 Monate, bei Mehrlingen maximal 60 Monate) sowie Arbeitslosen- und Krankengeldbezug ab 01.01.1971. Ersatzzeiten für Schul- bzw. Universitätsausbildung nach dem 15. Lebensjahr werden vom Gesetzgeber bis zum Ausmaß gewisser Obergrenzen als Versicherungszeiten anerkannt.

Das Vorliegen der erforderlichen Anzahl von Versicherungsmonaten wird auf den Stichtag berechnet, welcher bei der Alterspension mit dem Tag zusammenfällt, an dem der Versicherte das Pensionsalter erreicht hat. Zeiten der schulischen und universitären Ausbildung werden jedoch nur dann als für den Pensionsanspruch relevante Zeiten gerechnet, wenn der Versicherte hierfür Beiträge nachentrichtet hat. Der Nachkauf von solchen Pensionszeiten wird überwiegend dann sinnvoll sein, wenn zum
Erreichen der für den Pensionsantritt erforderlichen Zeiten wenige Monate fehlen. Der Nachkauf von Versicherungsmonaten ist bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) zu beantragen. Männer haben Anspruch auf Antritt einer Alterspension bei Vollendung des 65. Lebensjahres, Frauen müssen das 60. Lebensjahr vollendet haben.

Überdies müssen entweder
►    180 Versicherungsmonate in den letzten 360 Monaten vor dem Stichtag oder
►    180 Beitragsmonate zur Pflichtversicherung oder zur freiwilligen Versicherung oder
insgesamt 300 Versicherungsmonate zum Stichtag vorliegen, wobei erst ab 01.01.1956 erworbene Ersatzzeiten zu berücksichtigen sind.

 

Bei Versicherten, die nach dem 01.01.1955 geboren sind, wird nicht mehr zwischen Beitrags- und Ersatzzeiten unterschieden. Einen Anspruch auf eine Alterspension hat die versicherte Person nach Vollendung des 65. Lebensjahres (Regelpensionsalter, Stand 2020 – 65. bzw. 60. Lebensjahr), wenn als Mindestversicherungszeit mindestens 180 Versicherungsmonate vorliegen und 84 hiervon aus einer Erwerbstätigkeit resultieren.

Hinsichtlich des Antrittsalters zur Regelpension bei weiblichen Versicherten ist beginnend mit 01.01.2024 eine Anhebung des Anfallsalters um 6 Monate pro Jahr vorgesehen. Daraus folgt letztendlich, dass alle Frauen, die ab  02. Juni 1968 geboren sind, die Regelpension erst mit der Vollendung des 65. Lebensjahres antreten können. Umgekehrt formuliert bedeutet dies, dass mit dem Pensionsantritt von Frauen ab dem 01.07.2033 eine Gleichstellung des Regelpensionsalters mit den Männern erfolgt.

 

Die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Pension unter Inkaufnahme von Abschlägen ist ab dem
Erreichen des 62. Lebensjahres möglich.
Die Korridorpension wird für Frauen erst ab dem Jahr 2028 praktisch bedeutsam, weil diese in den Jahren zuvor bereits vor Vollendung des 62. Lebensjahres die Regelpension in Anspruch nehmen können.

Die Abschläge betragen 0,425 % pro Monat (5,1 % pro Jahr) des früheren Pensionsantritts vor dem Regelpensionsalter.   

Am Stichtag darf jedoch weder eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung noch ein
Erwerbseinkommen über der Geringfügkeitsgrenze (Stand 2020: Euro 460,66) vorliegen.

 

Angestellte haben Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitspension (Geburtenjahrgänge bis 1963), wenn kein Anspruch auf Rehabilitation besteht oder derartige Maßnahmen nicht zweckmäßig bzw. nicht zumutbar sind, die Berufsunfähigkeit voraussichtlich 6 Monate andauert, die Wartezeit im Hinblick auf die Mindestversicherungszeit erfüllt ist sowie am Stichtag die Voraussetzungen für eine Alterspension noch nicht erfüllt sind.

Entscheidungsgrundlage bildet ein ärztliches Gutachten, das die Leistungsfähigkeit des Antragstellers beurteilt.  

Für ab 01. Jänner 1964 geborene Personen wird die befristete Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit durch ein Rehabilitationsgeld der Österreichischen Gesundheitskasse bzw. durch ein Umschulungsgeld des Arbeitsmarktservice ersetzt. Zu diesen Geldleistungen werden medizinische bzw. berufliche Maßnahmen der Rehabilitation gewährt.

 

Die Höhe der Pension ist letztlich neben den erreichten Versicherungszeiten und dem in Anspruch genommenen Stichtag von der individuellen Bemessungsgrundlage des Versicherten abhängig und bildet einen bestimmten Prozentsatz dieser Bemessungsgrundlage. Die individuelle Berechnungsgrundlage bemisst sich grob gesprochen aus der Summe der höchsten im Erwerbsleben erreichten Bemessungsgrundlagen. Hierzu wird ein Durchrechnungszeitraum betrachtet, welcher sich jährlich bis 2028 auf 480 Beitragsmonate erhöht. Der Bemessungszeitraum verringert sich bei Zeiten der Kindererziehung. Zur Ermittlung der Höhe der Pension werden aus der Anzahl der vorhandenen Versicherungsmonate Steigerungsprozente ermittelt, wobei dem Versicherten pro Versicherungsjahr 1,78 Prozentpunkte der Bemessungsgrundlage zukommen. Die Höhe der Pension bildet letztlich der so genannte Steigerungsbetrag, indem die Gesamtbemessungsgrundlage mit den Steigerungsprozenten multipliziert wird. Die Pension wird grundsätzlich monatlich ausbezahlt, wobei dem Versicherten zwei Mal jährlich eine Sonderzahlung in Höhe einer Monatspension gebührt.

Bei nach dem 01.01.1955 geborenen Versicherten gilt, dass für sie seit 01.01.2005 ein Pensionskonto beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherer eingerichtet ist. Aus den auf diesem Konto enthaltenen Informationen errechnet sich letztlich die Gesamtpension, wobei diese Gesamtgutschrift durch 14 zu teilen ist. Ziel ist es, dass nach 45 Versicherungsjahren die erwerbstätigen Versicherten mit 65 Jahren eine Pension in Höhe von 80 % des beitragspflichtigen Lebensdurchschnittseinkommens bekommen. Bei einem Pensionsantritt vor Vollendung des 65. Lebensjahres vermindert sich die Leistung um gesetzlich festgelegte Abschläge, außer es liegen 540 Beitragsmonate aufgrund Erwerbstätigkeit vor. Bis zu 60 Versicherungsmonate der Kindererziehung werden angerechnet. Die Pension erhöht sich um 0,35 % pro Monat, höchstens um 12,6 %, wenn die Pension erst nach dem 65. Lebensjahr in Anspruch genommen wird. Seit 2017 werden während der Weiterarbeit in der Bonusphase die Pensionsversicherungsbeiträge um 50 % reduziert.

 

Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bei gleichzeitiger Inanspruchnahme einer Alterspension hat keinen Einfluss auf die Höhe der Pension. Bei einer Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze und damit einhergehend einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung kann es zu einer Pensionserhöhung kommen.

 

Bei Bezug einer Hinterbliebenenpension ist grundsätzlich zwischen Witwen- und Waisenpension zu unterscheiden. Die Ansprüche der Hinterbliebenen richten sich danach, welches Anrecht der Verstorbene selbst gegenüber der Pensionsversicherung hätte. Vorversicherungszeiten sind dann nicht notwendig, wenn die Todesursache ein Arbeitsunfall, eine Berufskrankheit oder eine Wehrdienstbeschädigung war. Die befristete bzw. unbefristete Zuerkennung der Witwen- bzw. Witwerpension hängt davon ab, wie lange die Ehe bereits gedauert hat oder ob aus der Ehe ein Kind stammt. Sollte der verstorbene Ehepartner schon bei der Eheschließung eine Pension bezogen haben, sind für die Frage der Befristung der Altersunterschied sowie die Dauer der Ehe ausschlaggebend. Im Falle einer Wiederverehelichung erlischt der Pensionsanspruch.
Eine Waisenpension steht den Kindern verstorbener Versicherter grundsätzlich bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres zu. Befindet sich der Waise in Schul- oder Berufsausbildung, kann der Pensionsanspruch auf besonderen Antrag verlängert werden, auch für den Fall der Dauer einer Erwerbsunfähigkeit. Als Kinder in diesem Sinne gelten dabei nicht nur leibliche Kinder, sondern auch Stiefkinder, sofern sie mit dem Versicherten prinzipiell in ständiger Hausgemeinschaft leben.

 

Neben der einem Arbeitnehmer zustehenden staatlichen Pension hat der Gesetzgeber im Betriebspensionengesetz (BPG) die Möglichkeit für eine Altersvorsorge auf betrieblicher Ebene geschaffen. Bei den Beiträgen zur betrieblichen Altersvorsorge handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, welcher für den Arbeitnehmer einen Beitrag zahlt in Höhe des monatlichen Entgelts (inkl. Sonderzahlungen) zu Handen des zuständigen Krankenversicherungsträgers, welcher die
Prämie der vom Arbeitgeber ausgewählten Vorsorgekasse weiterleitet. Leistungszusagen seitens des Arbeitgebers können entweder bereits kollektivvertraglich verankert sein oder aber auf einer Betriebsvereinbarung oder auf Einzelverhandlungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber beruhen. Der Anwartschaftsberechtigte kann hierbei neben einer Alterszuschusspension auch andere Arten von Pensionsansprüchen, wie etwa Berufsunfähigkeitspension oder Hinterbliebenenpension, erwerben.
Neben der Einzahlung in eine zusätzliche Pensionsversicherung kann der Arbeitgeber optional Beiträge zu einer Lebensversicherung des Arbeitnehmers leisten. In diesem Fall entsteht statt dem Anspruch auf Auszahlung einer Pension für die Hinterbliebenen ein Auszahlungsanspruch im Falle des Ablebens des Arbeitnehmers.

 

Bei Streitigkeiten zwischen dem Versicherten und dem Sozialversicherungsträger handelt es sich grundsätzlich um Sozialrechtssachen, so dass gerichtliche Verfahren nach Maßgabe der Bestimmungen des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes durchzuführen sind. Voraussetzung für eine gerichtliche Bekämpfung einer für den Versicherten unvorteilhaften Entscheidung ist zunächst, dass die Entscheidung vom Sozialversicherungsträger mittels Bescheid ergangen ist. Erst dann kann der Versicherte binnen einer Frist von 4 Wochen, bei Angelegenheiten, welche die Pensionsversicherung oder Leistungen auf Grund des Bundespflegegeldgesetzes betreffen, binnen 3 Monaten ab Zustellung des Bescheides Klage beim örtlich zuständigen Arbeits- und Sozialgericht erheben. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich dabei nach dem Wohnsitz bzw. dem Ort, an dem der Versicherte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Fertigt der Sozialversicherungsträger trotz Anforderung keinen Bescheid aus, verlängern sich die oben genannten Fristen auf 6 Monate, bei Streitigkeiten betreffend Leistungen aus der Krankenversicherung auf 3 Monate. Gegen Urteile des Arbeits- und Sozialgerichts erster Instanz besteht die Möglichkeit, binnen 4 Wochen eine Berufung an das Oberlandesgericht zu richten. Dagegen ist nur mehr eine ordentliche oder außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof möglich.  

 

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