2. Zuordnung zu einzelnen Versicherungsträgern

Für angestellte Ärzte richtet sich der gesetzlich zuständige Sozialversicherungsträger nach der Rechtsnatur des Dienstgebers. Ob ein Arzt als Dienstnehmer im Sinne des ASVG gilt, richtet sich wiederum danach, ob er in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird. Die Abgrenzung zwischen einer unselbständigen und einer selbständigen Tätigkeit kann mitunter Schwierigkeiten bereiten, zumal der Titel, unter welchem die Beschäftigung ausgeübt wird, nicht unbedingt die tatsächlichen rechtlichen Gegebenheiten widerspiegelt. Als Abgrenzungskriterium für die Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit gilt grundsätzlich, dass der Dienstgeber gegenüber dem Dienstnehmer ein Weisungsrecht hinsichtlich des Arbeitsortes, der Arbeitszeit und auch hinsichtlich der Art und Weise der Ausübung einer Tätigkeit besitzt, mithin diesbezüglich vom Dienstgeber persönlich abhängig ist. Überdies handelt es sich bei echten Dienstverhältnissen im Gegensatz zu selbständigen Tätigkeiten zumeist um solche, die auf Dauer angelegt sind oder, gleichwohl sie einer zeitlichen Befristung unterliegen können, zumindest mit einer gewissen Kontinuität ausgeübt werden. Als Indiz für das Vorliegen einer selbständigen und damit nicht der Pflichtversicherung des ASVG unterfallenden Tätigkeit wird auch angesehen, dass die Tätigkeit nicht persönlich ausgeübt werden muss, sondern dass sich der Arzt durch einen selbst gewählten Vertreter vertreten lassen kann.

Angestellte Ärzte unterfallen als echte Dienstnehmer im Sinne des ASVG grundsätzlich der Vollversicherung in Gestalt der Kranken-, Arbeitslosen-, Unfall- und Pensionsversicherung und sind überdies als in der Ärzteliste eingetragene Ärzte zumeist Mitglieder der Wohlfahrtskassen der jeweiligen Ärztekammer.

Angestellte Ärzte einer privaten Krankenanstalt, eines privat geführten Ordenskrankenhauses oder anderer medizinischer Einrichtungen von privater Trägerschaft (dazu zählen etwa auch Vereine) sind so genannte echte Dienstnehmer im Sinne des ASVG, so dass eine verpflichtende Vollversicherung für die Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung besteht. Eine Ausnahme besteht für geringfügig Beschäftigte, die bei Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze (2020: EUR 460,66 monatlich, durchgerechnet auf ein Jahr) nicht der Pflicht zur Vollversicherung unterliegen, sondern lediglich unfallversichert sein müssen.

Angestellte Ärzte, die als Landesbedienstete oder für eine Gebietskörperschaft arbeiten sind zwar auch Dienstnehmer im Sinne des ASVG, jedoch von der Vollversicherung nach ASVG ausgenommen, wenn sie dem Schutz anderer Sozialversicherungsträger unterliegen. Sie unterfallen hinsichtlich der Kranken- und Unfallversicherung auf Grund der Rechtsnatur ihres Dienstgebers
(= Land oder Gemeinde) hinsichtlich ihrer Sozialversicherung der entsprechenden gesetzlichen Regelung auf Landesebene (z.B. den einzelnen Krankenfürsorgen, sofern solche eingerichtet sind). Demnach sind die oben genannten Dienstnehmer, deren Dienstverhältnis nach dem 31.12.2000 begründet wurde, lediglich in der Pensionsversicherung nach den Regelungen des ASVG teilversichert.

Ebenso sind Vertragsbedienstete des Bundes im Sinne des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 bei der BVAEB kranken- und unfallversichert, sofern ihr Dienstverhältnis nach dem 31.12.1998 begonnen hat. Für die Pension sind die Regelungen des ASVG entscheidend. Ist der Arzt bei einer Universität beschäftigt, unterfällt er den Regelungen des Universitätsgesetzes 2002. Hiernach wurden mit 01.01.2004 ungeachtet des Datums ihres Eintritts alle Dienstnehmer an Universitäten in den Versicherungsschutz des B-KUVG eingegliedert.

Sofern der Arzt pragmatisiert ist, gilt für ihn als Beamten das B-KUVG. Da für Beamte aus ihrem Dienstverhältnis Anwartschaften auf Ruhegenuss bzw. Versorgungsgenuss entsteht, ist für sie keine Pensionsversicherung vorgesehen.

 

Freiberuflich tätige Ärzte bzw. Zahnärzte unterliegen den gesetzlichen Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts der freiberuflich Selbständigen (FSVG), welches eine partielle Pflichtversicherung für Ärzte beinhaltet. Ärzte sind, sofern sie freiberuflich tätige Mitglieder einer Ärztekammer sind (hierzu zählt nicht die Tätigkeit als Wohnsitzarzt, also eine solche ärztliche Tätigkeit, bei der der Arzt weder im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses tätig ist noch über eine Niederlassung verfügt), in der Unfall- und Pensionsversicherung der SVS pflichtversichert. In diesem Zusammenhang verweist das an sich einschlägige FSVG auf die entsprechenden Regelungen im GSVG (hinsichtlich der Pensionsversicherung) bzw. auf das ASVG (hinsichtlich der Unfallversicherung). Entsprechendes gilt für Mitglieder der Österreichischen Zahnärztekammer.

Demnach sind die oben genannten Kammermitglieder von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgenommen, so dass eine Pflichtversicherung nur hinsichtlich der Unfall- und Pensionsversicherung besteht. Hintergrund ist der Umstand, dass die Kammern selbst ein System der Krankenversicherung im Rahmen der Wohlfahrtskasse bereithalten. Im Krankheitsfall greifen Ärzte bzw. Zahnärzte somit auf die Versicherungsleistungen der jeweiligen Wohlfahrtsfonds zurück, welche von den Kammern für ihre Mitglieder eingerichtet wurden und die für den Eintritt des Krankenversicherungsfalls Kostenersatz in Form von Sach- bzw. Geldleistungen vorsehen. Nunmehr explizit gesetzlich klargestellt wurde, dass als freiberufliche Tätigkeit im Sinne des FSVG auch die Tätigkeit im Rahmen einer Gruppenpraxis zu bewerten ist. Das Kammermitglied hat zudem die Möglichkeit, sich überdies der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung anzuschließen.

Zusätzlich nach dem GSVG versichert sind niedergelassene Ärzte, die auf Grund ihrer Tätigkeit auch Mitglied in der Wirtschaftskammer sind, also etwa dann, wenn sie neben der ärztlichen Tätigkeit ein Kontaktlinseninstitut betreiben oder Gesellschafter eines Ambulatoriums sind, welches die Rechtsform einer OG hat. Ist der Arzt an einer GmbH beteiligt, so entsteht eine Versicherungspflicht nach GSVG nur dann, wenn die GmbH Mitglied in der Wirtschaftskammer ist und der Arzt als geschäftsführender Gesellschafter einen Mindestanteil von 25% an dem Unternehmen hält.

 

Wohnsitzärzte sind nach dem ÄrzteG Ärzte, die zur selbständigen Berufsausübung berechtigt sind und ausschließlich solche wiederkehrenden ärztlichen Tätigkeiten ausüben oder beabsichtigen, für die weder eine Ordinationsstätte erforderlich ist noch welche in einem Angestelltenverhältnis ausgeübt werden (z.B. ein Allgemeinmediziner, der ausschließlich Vertretertätigkeiten verrichtet). Sie sind bei Aufnahme oder Wiederaufnahme der wohnsitzärztlichen Tätigkeit nach dem 1.1.2000 als so genannte neue Selbständige nach GSVG pensionsversichert und über die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) unfallversichert. Die Krankenversicherung erfolgt wie bei freiberuflichen niedergelassenen Ärzten über den Fonds der Wohlfahrtskasse, weshalb auch hier keine Pflicht zur Einzahlung in die gesetzliche Krankenversicherung besteht. Wurde die Tätigkeit bereits vor dem 1.1.2000 aufgenommen und nicht unterbrochen, wird die Kranken- sowie die Unfallversicherung noch nach den Bestimmungen des ASVG geregelt.
 
Neue Selbständige unterliegen lediglich dann einer Pflichtversicherung, wenn ihre Einkünfte bestimmte Beträge überschreiten. Diese Versicherungsgrenze beträgt Euro 5.527,92 (Stand: 2020) jährlich und ist unabhängig davon, ob innerhalb eines Kalenderjahres eine weitere Erwerbstätigkeit ausgeübt wird oder ein Erwerbsersatzeinkommen (z.B. Wochengeld) bezogen wurde.

 

Bei (unselbständig tätigen) Dienstnehmern ist das für die Tätigkeit bezogene Entgelt maßgebliche Grundlage zur Bemessung des Beitrages (= Beitragsgrundlage). Das ASVG legt hierbei fest, welche Einzelleistungen von Seiten des Dienstgebers Bestandteil der Beitragsgrundlage sind: Neben dem Grundentgelt und Zulagen für Nacht- oder Wochenenddienste sind insbesondere auch Sonderzahlungen, wie z.B. das 13. und 14. Monatsentgelt, Urlaubs- und Weihnachtsremunerationen zu verstehen. Nicht zur Beitragsgrundlage zählen dagegen unter anderem Entgelte, welche Ärzte für die Behandlung von Pfleglingen in der Sonderklasse einnehmen, es sei denn, die Honorare werden von der dienstgebenden Krankenanstalt im eigenen Namen eingehoben. Überdies zählen auch Beiträge, die vom Arbeitgeber im betrieblichen Interesse für Ausbildung oder Fortbildung des Dienstnehmers aufgewendet werden, zur Beitragsgrundlage dazu. Von der auf diese Art und Weise festgesetzten Beitragsgrundlage ist, je nach Versicherungsgegenstand unterschiedlich, ein gewisser Prozentsatz als Beitrag zur gesetzlichen Versicherung an den Sozialversicherungsträger zu entrichten. 2020 beträgt etwa der Beitrag für die Krankenversicherung bei angestellten, nach ASVG krankenversicherten Ärzten 7,65 % der Bemessungsgrundlage (B-KUVG: 6,64 %), wobei hiervon 3,78 % vom Dienstgeber (bei B-KUVG 3,54 %) getragen werden; bei der gesetzlichen Unfallversicherung 1,20%, bei B-KUVG-Versicherten 0,47 % (zur Gänze vom Dienstgeber zu tragen) und bei der Pensionsversicherung 22,8 % der Beitragsgrundlage, wobei 12,55 % vom Dienstgeber übernommen werden.

Dabei ist jedoch der Beitrag zur gesetzlichen Pflichtversicherung durch eine Beitragsobergrenze, die bei Erreichen einer gewissen Höchstbeitragsgrenze eintritt, gedeckelt. Bei ASVG-Pflichtversicherten beträgt die Höchstbeitragsgrenze monatlich EUR 5.370,00 zuzüglich Sonderzahlungen in Höhe von EUR 10.740,00 jährlich (Stand: 2020). Die Bemessungsgrundlage sowie die daraus resultierenden Beiträge verändern sich jährlich. Die jeweils gültigen Sätze sind auf der Homepage des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (www.sozialversicherung.at) abrufbar.

 

Die Höhe des Beitrages zur gesetzlichen Sozialversicherung berechnet sich bei Versicherten nach FSVG nach dem aus dem Einkommensteuerbescheid hervorgehenden tatsächlichen Einkommen, wobei aus dem Jahreseinkommen ein monatlicher Durchschnitt gebildet wird. Zu dem ermittelten Durchschnittseinkommen wird überdies der durchschnittlich pro Monat entfallende Investitionsfreibetrag sowie die vom Versicherungsträger vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung (sofern sie als Betriebsausgaben nach EStG gelten) hinzuaddiert. Eine Minderung der Beitragsgrundlage kann durch einen Sanierungsgewinn oder einen Veräußerungsgewinn erfolgen, wobei hier ebenfalls ein monatlicher Durchschnittsgewinn gebildet wird. Sofern der Versicherte mehrere Erwerbstätigkeiten freiberuflicher Natur ausübt (z.B. Tätigkeit als niedergelassener Arzt und überdies freiberufliche Notarztdienste für eine Rettungsorganisation), wird zur Bemessung der Beitragsgrundlage die Summe der Einkünfte herangezogen. Auch bei Einkünften aus selbständiger ärztlicher Tätigkeit gibt es eine Mindestbeitragsgrundlage bei der Pensionsversicherung in Höhe von EUR 574,36 (Stand 2020), woraus sich ein Mindestbeitrag von EUR 114,87 (auf der Basis eines Beitragssatzes in Höhe von 20 %) ergibt. Nach oben hin beschränkt ist die Bemessungsgrundlage für die Pensionsversicherung, wenn das durchschnittliche monatliche Einkommen EUR 6.265,00 EUR (Stand 2020) übersteigt. Bei Aufschub des Antritts einer Alterspension wird die Beitragslast halbiert. Hinsichtlich der verpflichtenden Unfallversicherung besteht unabhängig vom Einkommen ein pauschalierter Monatsbeitrag in Höhe von EUR 10,09 (Stand 2020). Die Bemessungsgrundlage sowie die daraus resultierenden Beiträge verändern sich jährlich. Die jeweils gültigen Sätze sind auf der Homepage des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (www.sozialversicherung.at) abrufbar.

Da in der Regel der zur Bemessung der Beitragsgrundlage heranzuziehende Steuerbescheid jedoch zeitlich erst nach dem Entstehen der Beitragspflicht ergeht, wird zur Einhebung der Sozialversicherungsbeiträge eine vorläufige monatliche Beitragsgrundlage festgelegt. Sobald der entsprechende Steuerbescheid für das Beitragsjahr vorliegt, kann es durch die nun vorliegende endgültige Beitragsgrundlagen entweder zu Nachforderungen oder zu Rückzahlungen von Seiten des Versicherungsträgers kommen.

 

Nach den Bestimmungen der Landeskrankenanstaltengesetze sind Ärzte in den Krankenanstalten berechtigt, Patienten der Sonderklasse (bzw. deren Versicherung) ein Honorar zu verrechnen, wobei die Honorare in der Regel von den Krankenanstalten im Namen der Ärzteschaft eingehoben werden. Da in steuerrechtlicher Sicht Sondergebühren als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit einzuordnen sind, unterfallen also auch in Krankenanstalten angestellte Ärzte grundsätzlich der Versicherungspflicht nach FSVG, sofern sie Sondergebühren beziehen. Dies ist für Ärzte in Ausbildung ebenso gültig. 

Bei der Ausübung mehrerer Erwerbstätigkeiten bzw. bei mehreren Einkommensquellen (z.B. angestellter Arzt bezieht Sondergebühren; freiberuflicher Arzt arbeitet nebenbei als angestellter Arzt in einem Kurzentrum) wird der Versicherte von mehreren Sozialversicherungssystemen erfasst, so dass es zu einer Mehrfachversicherung bei der Kranken-, Unfall- und der Pensionsversicherung kommen kann. Im Rahmen der Mehrfachversicherung sind die jeweils bei den Sozialversicherungsträgern erfassten Beiträge zu leisten. Was den Eintritt einer Leistungspflicht aus der gesetzlichen Unfallversicherung angeht, so gebührt allerdings nur einmal die Versicherungsleistung aus jener Tätigkeit heraus, die der Versicherte beim Eintritt des Versicherungsfalles ausgeübt hat. Für den Fall, dass ein Arzt mit unselbständigem Einkommen die Höchstbeitragsgrundlage (2020: durchschnittliches monatliches Einkommen über EUR 5.370,00 zuzüglich Sonderzahlungen, die mit einem Maximalbetrag begrenzt sind) erreicht, besteht auf Grund der Vorrangigkeit der Versicherungspflicht aus der angestellten Tätigkeit die Möglichkeit, sich von der Zahlung der Pensionsbeiträge nach FSVG befreien zu lassen.

 

Der Umstand, dass es sich bei der Sozialversicherung um eine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtversicherung handelt, bringt auch mit sich, dass eine Meldepflicht besteht, wenn ein Versicherungsverhältnis begründet wird, z.B. etwa ein Dienstnehmer ein Arbeitsverhältnis beginnt. Die Meldung einer Pflichtversicherung ist grundsätzlich durch den Dienstgeber vorzunehmen; gleichzeitig kann aber bei Unterlassen der Meldung dem Versicherten kein Nachteil erwachsen, da die Versicherung unabhängig von der Meldung an den Sozialversicherer bereits mit dem ersten Tag der Dienstnehmereigenschaft beginnt.

 

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