5. Disziplinarverfahren

Ärzte unterliegen – so wie auch andere freie Berufe – einem eigenen Disziplinarrecht. Dieses Disziplinarrecht hat den Zweck, ärztliches Fehlverhalten, insbesondere die Verletzung von Berufspflichten, standesintern zu ahnden.

 

Das Ärztegesetz kennt verschiedene Arten von Disziplinarvergehen, nämlich
►    die Verletzung von Berufspflichten;
►    die Schädigung des Standesansehens;
►    die Ausübung des ärztlichen Berufs trotz rechtskräftiger Untersagung der Berufsausübung durch die Disziplinarbehörden;
►    die vorsätzliche Begehung von Straftaten, wegen derer der Arzt von einem Strafgericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt worden ist.

 

Von den Disziplinarbehörden wurden Ärzte beispielsweise wegen folgender Berufspflicht-
verletzungen verurteilt:
►    Verstöße gegen das Werbeverbot;
►    unzulässige Heranziehung von Hilfspersonen zu ärztlichen Tätigkeiten;
►    Ausstellung von ärztlichen Zeugnissen ohne hinreichende Grundlage;
►    Unterlassung einer dringend notwendigen Spitalseinweisung;
►    Verweigerung der gerichtlich angeordneten Herausgabe einer Krankengeschichte;
►    missbräuchliche Verwendung der Tafel „Arzt im Dienst“.

 

Von den Disziplinarbehörden wurden beispielsweise Ärzte in folgenden Fällen wegen Verletzung des Standesansehens verurteilt:
►    Störung einer wissenschaftlichen Tagung der Art, dass der Arzt durch Polizeikräfte aus dem Tagungsraum getragen werden muss;
►    Beeinträchtigung des Arztes durch Alkohol und Medikamente in einem Ausmaß, dass er es nicht schafft, einem Patienten Blut abzunehmen;
►    vorsätzliche Misshandlung der Ehefrau;
►    sexuelle Belästigung einer Patientin.

 

Im Disziplinarverfahren gibt es mehrere Instanzen.

In erster Instanz ist der Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer zuständig, der aus fünf Disziplinarkommissionen besteht. Jeweils eine Disziplinarkommission ist für die Bundesländer Wien/Niederösterreich/Burgenland, Steiermark/Kärnten, Oberösterreich/Salzburg, Tirol, Vorarlberg zuständig.

Gegen Entscheidungen des Disziplinarrats kann Berufung an ein staatliches Gericht, das Landesverwaltungsgericht, erhoben bzw. gegen dessen Entscheidung wieder unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde beim Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.

 

Jede Disziplinarkommission besteht aus drei Mitgliedern. Der Vorsitzende muss rechtskundig sein und wird auf Vorschlag der ÖÄK vom Gesundheitsminister bestellt. Die beiden Beisitzer sind Ärzte, die von der Österreichischen Ärztekammer bestellt werden.

 

Anzeigen gegen Ärzte werden zunächst vom Disziplinaranwalt der zuständigen Disziplinarkommission geprüft. Ist der Disziplinaranwalt der Auffassung, dass ein hinreichender Verdacht auf ein disziplinäres Fehlverhalten besteht, stellt er den Antrag an die Disziplinarkommission auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Die Disziplinarkommission entscheidet über diesen Antrag und beschließt, ob ein Verfahren eingeleitet wird. Bejahendenfalls hat sie eine mündliche Verhandlung durchzuführen, zu der der beschuldigte Arzt, sofern er es wünscht sein Verteidiger, der Disziplinaranwalt und die erforderlichen Zeugen zu laden sind.

Nach Abschluss der Verhandlung entscheidet die Disziplinarkommission mit einfacher Mehrheit und verkündet das Disziplinarerkenntnis.

 

Kommt die Disziplinarbehörde zum Ergebnis, dass dem beschuldigten Arzt ein Fehlverhalten anzulasten ist, kann sie folgende Disziplinarstrafen verhängen:
►    schriftlicher Verweis;
►    Geldstrafe bis zum Betrag von € 36.340,00;
►    befristete Untersagung der Berufsausübung (bei erstmaliger Begehung allerdings höchstens auf die Dauer von drei Monaten, bei wiederholten Verurteilungen höchstens ein Jahr);
►    Streichung aus der Ärzteliste (nur dann, wenn sich der Arzt einer schweren Straftat schuldig gemacht hat).

 

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