3. Spezielle ärztliche Problembereiche im Zusammenhang mit dem HeimAufG

Dem Arzt kommen im Zusammenhang mit dem HeimAufG wichtige Aufgabenbereiche zu. So ist er in vielen Fällen zur Anordnung von Freiheitsbeschränkungen berufen und stellt zusätzlich das ärztliche Dokument aus. Vor allem medikamentöse Freiheitsbeschränkungen obliegen ausschließlich den Ärzten.

Der Gesetzgeber hat trotz vielfacher Aufforderung verschiedenster Institutionen, allen voran der ärztlichen Standesvertretung, eine Regelung der Honorierungsfrage bis dato gänzlich unterlassen. Alle für eine Honorierung theoretisch in Betracht kommenden Institutionen (Träger von Einrichtungen, Länder, Bund, Sozialversicherung) haben eine sie treffende Zahlungsverpflichtung abgelehnt. Im Rahmen eines Musterverfahrens ist es der Ärztekammer für Oberösterreich gelungen, diese Frage vor dem Oberlandesgericht Linz (aus verfahrenstechnischen Gründen ist eine Befassung des OGH mit dieser Frage nicht möglich) zur Entscheidung zu bringen. Dabei wurde vom Gericht die Kostentragungspflicht des Rechtsträger der jeweiligen Einrichtung als Auftraggeber der ärztlichen Leistung ausgesprochen. In der Folge ist es der ärztlichen Standesvertretung gelungen, auf vertraglichem Wege eine österreichweite Tarifierung für die Abgeltung der Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anordnung bzw. der Erstellung eines ärztlichen Dokumentes zu erreichen, die zwar keinen gesetzlich zwingenden Charakter hat, aber von den meisten Einrichtungen mittlerweile bei entsprechender Rechnungslegung durch den Arzt zur Auszahlung gelangt. Die jeweils geltenden Tarife und deren detaillierte Regelungen sind bei der jeweiligen Landesärztekammer erhältlich bzw. auf der Homepage der Ärztekammer für Oberösterreich (www.aekooe.at) abrufbar.
Steht der Arzt jedoch in einem Dienstverhältnis zur Einrichtung (z.B. Spitalsärzte, Heimärzte, …) wird die Erbringung dieser Leistungen regelmäßig im Rahmen des Dienstverhältnisses erfolgen und die dort festgelegte Honorierung zur Anwendung gelangen.

 

Nach wie vor stellt diese Frage in der Praxis eines der größten Anwendungsprobleme dar. Dies vor allem deshalb, da die Gabe der medizinisch richtigen und notwendigen Medikation eine ausschließliche durch den Arzt beurteilbare Handlung darstellt, die Gerichte aber seit vielen Jahren judizieren, dass allein der therapeutische Zweck eine Freiheitsbeschränkung nicht von vornherein ausschließt. Im Rahmen einer vom Justizministerium eingesetzten Arbeitsgruppe, die mit Vertretern aller im HeimAufG bedeutsamen Institutionen besetzt war, konnte ein Manual erarbeitet werden, das praxisnahe Hilfestellungen bieten soll. Nach diesem Manual liegt eine medikamentöse Freiheitsbeschränkung jedenfalls dann vor, wenn bei Gabe des jeweiligen Medikamentes die Unterbindung/Dämpfung des Bewegungsdranges beabsichtigt ist. Ist die Bewegungsdämpfung daher unmittelbarer Zweck der
Medikation, ist von einer (meldepflichtigen) Freiheitsbeschränkung auszugehen.

Ist die Bewegungseinschränkung jedoch nicht unmittelbar bezweckt, so ist zu prüfen, ob zugunsten der medizinischen Behandlung die freiheitsbeschränkende Wirkung unvermeidlich ist. Ist diese unvermeidlich, liegt keine Freiheitsbeschränkung vor.
Unvermeidlichkeit liegt nach dem Manual dann vor, wenn aus medizinischer Sicht keine Medikation zur Verfügung steht, die den selben medizinischen Erfolg verspricht aber nicht oder weniger bewegungseinschränkend ist. In der Folge ist auch zu prüfen, dass keine sonstigen, vor allem pflegerischen Alternativen zur bewegungseinschränkenden Medikation vorliegen. Daher kommt in der Praxis dem Zweck der Medikation eine wichtige Bedeutung zu, der aber objektiviert nachvollziehbar sein muss, wobei dabei Parameter wie Diagnose, Symptomatik, Verhalten des Patienten, Krankheitsempfinden usw eine Rolle auch im gerichtlichen Überprüfungsverfahren spielen können.

Ist mit der Medikation eine Bewegungseinschränkung überhaupt nicht intendiert, sondern stellt diese eine unvermeidliche Nebenwirkung in Verfolgung eines anderen Therapiezieles dar, liegt keine Freiheitsbeschränkung vor.

Sie finden das Manual auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz (www.bmj.gv.at).

 

Jeder Bewohner hat die Möglichkeit zur Wahrung seines Rechtes auf persönliche Freiheit einen Vertreter zu bestellen. Unabhängig davon, ist eine gesetzliche Vertretung automatisch vorgesehen, sobald eine Freiheitsbeschränkung vorliegt oder angedroht wird. Diese Vertretungskompetenz wird von einem entsprechend geeigneten Verein übernommen, dessen Mitarbeiter dann in einem bestimmten Kontrollbereich tätig werden. Das Gesetz sieht keine bestimmten Vorgaben hinsichtlich Berufsausbildung der jeweiligen Mitarbeiter vor, sodass neben Ärzten und Juristen auch Mitarbeiter aus anderen Professionen einsetzbar sind.

 

Das Gesetz stattet den Bewohnervertreter mit einer Reihe von Rechten aus. Dieser kann die Einrichtung unangemeldet besuchen, sich einen persönlichen Eindruck vom Bewohner verschaffen, Auskünfte von Anordnungsbefugten oder Mitarbeitern der Einrichtung einholen. Vor allem aber steht ihm das Recht zu, in dem zur Wahrung ihrer Aufgaben notwendigen Umfang Einsicht in Pflege-
dokumentationen und Krankengeschichten zu nehmen.

Nein! Der Bewohnervertreter hat keinerlei Möglichkeit seine (Rechts)ansicht vor Ort zwangsweise durchzusetzen. Er hat lediglich die Möglichkeit eine gerichtliche Prüfung zu beantragen.

 

Nein! Die Anordnung einer Medikation ist ausschließlich ärztliche Kompetenz. Der Bewohnervertreter kann lediglich seiner Meinung Ausdruck verleihen, ob die vorliegende Medikation eine Freiheitsbeschränkung darstellt. Dies rechtfertigt aber in keinster Weise irgendeine Abänderung oder sonstigen Eingriff in die Medikation. Der Bewohnervertreter kann lediglich bei Nichtmeldung einer von ihm als Freiheitsbeschränkung angesehenen und als solche nicht gemeldeten Medikation eine gerichtliche Überprüfung derselben als freiheitsbeschränkende Maßnahme beantragen.

 

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