8. Hebammen

Nach dem Hebammengesetz umfasst der Hebammenberuf die Betreuung, Beratung und Pflege der Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerin, die Beistandsleistung bei der Geburt und die Mitwirkung bei der Mutterschafts- und Säuglingsfürsorge.

Hebammen dürfen eigenverantwortlich insbesondere folgende Tätigkeiten durchführen:
Information über grundlegende Methoden der Familienplanung; Feststellung der Schwangerschaft, Beobachtung der normal verlaufenden Schwangerschaft, Durchführung der zur Beobachtung des Verlaufs einer normalen Schwangerschaft notwendigen Untersuchungen; Veranlassung von Untersuchungen, die für eine möglichst frühzeitige Feststellung einer regelwidrigen Schwangerschaft notwendig sind, oder Aufklärung über diese Untersuchungen; Vorbereitung auf die Elternschaft, umfassende Vorbereitung auf die Geburt einschließlich Beratung in Fragen der Hygiene und Ernährung; Betreuung der Gebärenden und Überwachung des Fötus in der Gebärmutter mit Hilfe geeigneter klinischer und technischer Mittel; Spontangeburten einschließlich Dammschutz sowie im Dringlich­keitsfall Steißgeburten und, sofern erforderlich, Durchführung des Scheidendammschnittes; Erkennen der Anzeichen von Regelwidrigkeiten bei der Mutter oder beim Kind, die eine Rücksprache mit einem Arzt oder das ärztliche Eingreifen erforderlich machen, sowie Hilfeleistung bei etwaigen ärztlichen Maßnahmen, Ergreifen der notwendigen Maßnahmen bei Abwesenheit des Arztes, insbesondere manuelle Ablösung der Plazenta, woran sich gegebenenfalls eine manuelle Nachuntersuchung der Gebärmutter anschließt; Beurteilung der Vitalzeichen und -funktionen des Neugeborenen; Einleitung und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen und Hilfeleistung in Notfällen, Durchführung der sofortigen Wiederbelebung des Neugeborenen; Pflege des Neugeborenen, Blutabnahme am Neugeborenen mittels Fersenstiches und Durchführung der erforderlichen Messungen; Pflege der Wöchnerin, Überwachung des Zustandes der Mutter nach der Geburt und Erteilung zweckdienlicher Ratschläge für die bestmögliche Pflege des Neugeborenen; Durchführung der vom Arzt verordneten Maßnahmen; Abfassen der erforderlichen schriftlichen Aufzeichnungen.

 

Jede Schwangere hat zur Geburt und Versorgung des Kindes eine Hebamme beizuziehen bzw. wenn die Beiziehung bei der Geburt nicht möglich ist, so hat die Wöchnerin jedenfalls zu ihrer weiteren Pflege und der Pflege des Säuglings unverzüglich eine Hebamme beizuziehen.

Bei Verdacht oder Auftreten von regelwidrigen und gefahrdrohenden Zuständen während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbetts darf die Hebamme ihren Beruf nur nach ärztlicher Anordnung und in Zusammenarbeit mit Ärzten ausüben.

während der Schwangerschaft:
    bei jeder belastenden Vorgeschichte, bei Vorliegen und Auftreten sowie Verdacht auf Erkrankungen, die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft ärztlichen Beistand erfordern, bei plötzlich auftretenden gefahrdrohenden Erscheinungen sowie bei Mehrlingsschwanger­schaften.

►    während der Geburt:
    bei allen regelwidrigen Lagen des Kindes, bei Vorliegen oder Vorfall von kleinen Kindesteilen oder der Nabelschnur, bei  Verdacht auf Schädel-Becken-Missverhältnis, bei Störungen der Wehentätigkeit, welche einen Geburtsstillstand bewirken, bei Anzeichen von Überlastung und Erschöpfung der Gebärenden, wenn die Herztöne des Kindes regelwidrig werden, bei Verdacht auf vorliegenden Mutterkuchen, bei starken Blutungen aus den Geburtswegen, wenn zwei Stunden nach der Geburt des Kindes die Nachgeburt noch nicht abgegangen ist oder wenn Teile der Nachgeburt zurückgeblieben sind, auch wenn keine Blutung vorhanden ist, bei Fehlgeburten oder Frühgeburten, bei Mehrlingsgeburten, bei Wahrnehmung von Missbildungen des Neugeborenen, die eine unverzügliche ärztliche Maßnahme erfordern, bei allen gefahrdrohenden Zwischenfällen sowie bei Erkrankungen der Gebärenden oder bei deren Tod.

►    während des Wochenbetts:
    bei Frühgeburten, bei Empfindlichkeit des Unterleibs, bei regelwidrig vermehrtem Blutabgang, bei ausbleibendem oder übelriechendem Wochenfluss, bei Wahrnehmung von Missbildungen des Kindes, bei Verletzungen des Kindes während der Geburt oder bei Auftreten von bedrohlichen Zuständen des Kindes, bei Erkrankungen des Kindes, bei übermäßigem Gewichtsverlust des Kindes, bei Tod der Wöchnerin oder des Kindes.

 

Hebammen sind befugt, bei gegebener Indikation in der Eröffnungsperiode krampflösende oder schmerzstillende Arzneimittel, auch ohne ärztliche Anordnung, anzuwenden. Weiters sind Hebammen befugt, Wehenmittel oder wehenhemmende Mitteln bei Gefahr in Verzug, ohne ärztliche Anordnung, anzuwenden, wenn ärztliche Hilfe nicht rechtzeitig erreichbar ist oder die rechtzeitige Einweisung in eine Krankenanstalt nicht möglich ist. Weiters ist Hebammen die intramuskuläre Anwendung von Arzneimitteln zur Rhesus-Prophylaxe erlaubt, wenn die Notwendigkeit von einem Arzt festgestellt wurde. Weiters ist Hebammen unmittelbar nach der Geburt die Anwendung von prophylaktischen Arzneimitteln, auch ohne ärztliche Anordnung erlaubt, wenn die Anwendung durch Hebammen nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung von den Gesundheitsbehörden empfohlen ist.

 

Hebammen haben ihren Beruf ohne Unterschied der Person gewissenhaft auszuüben und das Wohl und die Gesundheit der Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerin und Mutter sowie der Neugeborenen und Säuglinge unter Einhaltung der geltenden Vorschriften und nach Maßgabe der fachlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen zu wahren. Hebammen dürfen im Notfall ihre fachkundige Hilfe nicht verweigern.
Bei allen regelwidrigen und gefahrdrohenden Zuständen ist die Hebamme verpflichtet, unverzüglich für die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe zu sorgen. Bei Zusammenarbeit mit Ärzten hat die Hebamme diese über ihre Beobachtungen an der Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerin sowie am Neugeborenen und Säuglingen Auskunft zu geben und die ärztlichen Anordnungen einzuhalten.
Hebammen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekanntgewordenen Tatsachen oder Geheimnisse verpflichtet. Ausnahmen bestehen nur bei Entbindung durch die betroffene Person, im Interesse der öffentlichen Gesundheits- oder Rechtspflege, bei gesetzlichen Meldevorschriften sowie bei Auskünften an Sozialversicherungsträger.
Weiters besteht eine Anzeigepflicht an die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft wie bei allen anderen Gesundheitsberufen.
Darüber hinaus sind Hebammen zur Anzeige an die Sicherheitsbehörde verpflichtet, wenn sich ihnen der begründete Verdacht einer Unterschiebung eines Kindes oder einer Aussetzung ergibt.

Mit Einwilligung der Eltern ist Hebammen die Nottaufe eines Neugeborenen erlaubt.
Weiters sind Hebammen zur Verschwiegenheit Für Hebammen besteht eine Dokumentationspflicht: Sie haben ihre Feststellungen und Maßnahmen vor, während oder nach einer Geburt laufend umfassend zu dokumentieren sowie der zur Beratung oder Betreuung übernommenen Frau, deren gesetzlichen Vertreter oder  den von der Frau als auskunftsberechtigt nominierten Personen darüber Auskunft zu erteilen. Freipraktizierende Hebammen haben die Dokumentation mindestens zehn Jahre aufzubewahren und den genannten Personen Einsicht in die Dokumentation bzw. Kopien gegen Kostenersatz zu ermöglichen.
Bei freiberuflicher Berufsausübung besteht ein Werbeverbot, und zwar ist eine dem beruflichen Ansehen abträgliche, insbesondere jede vergleichende, diskriminierende, unsachliche oder marktschreierische Anpreisung oder Werbung verboten.

 

Hebammen haben die zur Betreuung, Beratung und Pflege übernommene Frau oder deren gesetzliche Vertreter aufzuklären und zwar über Ablauf und Ausmaß der Betreuung, die notwendigen Untersuchungen während der Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett sowie über Anzeichen von Regelwidrigkeiten bei Mutter oder Kind. Bei freiberuflicher Berufsausübung muss die Hebamme auch über die Kosten aufklären sowie über die Kostenübernahme durch die Sozialversicherung oder sonstige Kostenträger.

 

Die Berufsausübung kann freiberuflich oder in einem Dienstverhältnis zu einer Krankenanstalt oder zu Einrichtungen der Geburtsvorbereitung und -nachbetreuung oder zu freiberuflich tätigen Ärzten oder Gruppenpraxen erfolgen. Für die freiberufliche Ausübung ist ein Berufssitz in Österreich erforderlich und dieser ist dem Österreichischen Hebammengremium anzuzeigen.

 

Die Ausbildung zur Hebamme dauert drei Jahre und hat an dafür eingerichteten Hebammenakademien zu erfolgen. Für diplomiertes Krankenpflegepersonal dauert die Ausbildung zwei Jahre. Die näheren Bestimmungen über die Ausbildung sind in einer Verordnung festgelegt. Hebammen sind weiters zur Fortbildung verpflichtet, und zwar haben sie im Abstand von fünf Jahren Fortbildungskurse im Ausmaß von fünf Tagen zu besuchen.

 

Die Vertretung der Interessen der Hebammen obliegt dem Österreichischen Hebammengremium mit Sitz in Wien und Landesgeschäftsstellen in den Bundesländern. Dieses nimmt die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Belange der in Österreich tätigen Hebammen wahr, überwacht die Erfüllung der Berufspflichten und sorgt für die Wahrung des Berufsansehens des Hebammenstandes und führt unter anderem auch das Hebammenregister, ein Verzeichnis aller zur Berufsausübung in Österreich berechtigten Hebammen.

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